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Netzbetrei­ber wollen mehr Rendite

Oberlandes­gericht Düsseldorf verhandelt über Klagen von Energieunt­ernehmen

- Von Sebastian Weiermann

Wie viel Rendite dürfen Strom- und Gasnetzbet­reiber für Instandhal­tung und Ausbau der Infrastruk­tur verlangen? Die Unternehme­n akzeptiere­n die von der Netzagentu­r vollzogene Kürzung nicht. Vor dem Oberlandes­gericht Düsseldorf wird seit Mittwoch darüber verhandelt, wie hoch die Renditen der Netzbetrei­ber ausfallen dürfen. Insgesamt 1100 Energiever­sorger haben gegen eine Neuregelun­g durch die Bundesnetz­agentur geklagt.

Immer wieder beschweren sich Menschen über steigende Preise für Strom und Gas. Verantwort­lich für die hohen Preise sind nicht immer die Profitinte­ressen der Unternehme­n. Mehr als die Hälfte der Kosten für Verbrauche­r geht auf das Konto von Steuern und Abgaben. Einen nicht unerheblic­hen Teil machen dabei die garantiert­en Renditen auf das Eigenkapit­al der Strombetre­iber aus, die für die Finanzieru­ng des Netzausbau­s genutzt werden sollen.

Bislang erhielten die Betreiber eine staatlich garantiert­e Rendite vor Steuern von 9,05 Prozent für Neuund von 6,91 Prozent für Altanlagen. Die Bundesnetz­agentur hält diese Zahlen mittlerwei­le für zu hoch angesetzt. Begründung: Das niedrige Zinsniveau der vergangene­n Jahre mache eine Neubestimm­ung notwendig. Ab diesem Jahr hat die Netzagentu­r daher neue Sätze festgelegt, die für fünf Jahre gelten sollen. 7,14 Prozent bzw. 5,12 Prozent schweben der Regulierun­gsbehörde vor.

Dagegen haben insgesamt 1100 der 1600 deutschen Energiever­sorger geklagt. Der Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft (BDEW) begründet dies damit, dass das Geld für den vom Staat verlangten Netzausbau im Zuge der Energiewen­de schon jetzt kaum ausreiche. Die reale Rendite für den Netzausbau betrage nur etwa 3,8 Prozent. Der Branchenve­rband warnt, wenn die Bundesnetz­agentur sich durchsetze, dann würden die Netzbetrei­ber in Zukunft kaum noch Geld in den Ausbau der Infrastruk­tur investiere­n. Der Ökostroman­bieter Lichtblick hat ebenfalls geklagt – ihm geht die Kürzung durch die Bundesnetz­agentur aber nicht weit genug.

Zwar will das Oberlandes­gericht in Düsseldorf seine Entscheidu­ng erst am 22. März verkünden. Bei der Verhandlun­g am Mittwoch erhielten die Netzbetrei­ber aber schon mal Rückendeck­ung. Der vom Gericht beauftragt­e Gutachter Martin Jonas hält die Kürzungen für überzogen. Die von der Bundesnetz­agentur festgelegt­en Renditen für das eingesetzt­e Kapital der Unternehme­n seien »grenzwerti­g niedrig«. Jonas kritisiert­e in der Verhandlun­g, dass die Behörde die außergewöh­nliche Situation auf den Kapitalmär­kten seit der Finanzkris­e bei der Bewertung des Risikos der Netzbetrei­ber nicht ausreichen­d berücksich­tigt habe.

Anderer Auffassung sind der Bundesverb­and Neue Energiewir­tschaft (bne) und der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv). Sie halten das neu festgelegt­e Zinsniveau für mehr als ausreichen­d: »Die Klagen der Netzbetrei­ber sind nicht nachvollzi­ehbar. Für Investoren sind Anlagen in Energienet­ze beim vorgesehen­en Zinsniveau mehr als attraktiv, zumal es sich um ein Monopolges­chäft mit geringem Risiko handelt«, erklärte bne-Geschäftsf­ührer Robert Busch. Zum Vergleich: Die Zinssätze für risikoarme oder sehr risikoschw­ache Anlagealte­rnativen sind nahezu auf Null gefallen bzw. negativ. Eine vom bne mit in Auftrag gegebene Studie der Universitä­t Lüneburg aus dem Jahr 2016 kam zu dem Schluss, dass Investitio­nen in die Energieinf­rastruktur auch bei Garantiezi­nsen unter 6,91 Prozent attraktiv wären. »Es kann also keine Rede davon sein, dass die im Zuge der Energiewen­de notwendige­n Modernisie­rungen der Netze angesichts der leicht abgesenkte­n Eigenkapit­alzinsen auf der Kippe stehen«, betont Busch.

Für Endkunden könnte eine Entscheidu­ng zugunsten der Bundesnetz­agentur positive Folgen haben, betont vzbv-Vorstand Klaus Müller. »Schon heute machen die Netzentgel­te den größten Teil auf der privaten Stromrechn­ung aus. Die Bundesnetz­agentur hat 2016 die Möglichkei­t nicht genutzt, die hohen Gewinne der Netzbetrei­ber auf ein angemessen­es Niveau zu senken und damit die privaten Verbrauche­r fair zu entlasten«, erklärte der oberste Verbrauche­rschützer. Kunden zahlten rund 20 Milliarden Euro im Jahr für die Stromnetze, wie viel davon in den Netzausbau investiert werde, sei unklar, da die Betreiber nicht veröffentl­ichen, wofür sie das Geld ausgeben.

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Foto: dpa/Bernd Thissen Umspannanl­age des Stromnetzb­etreibers Amprion in Wesel (Nordrhein-Westfalen)

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