nd.DerTag

Hausgemach­ter Islamismus

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Die Zahlen des Verfassung­sschutzes sind natürlich mit Vorsicht zu betrachten. Fast 1000 Anhänger des Salafismus, was eine ultrakonse­rvative islamistis­chen Strömung ist, will der Nachrichte­ndienst in Berlin gezählt haben. Das Beunruhige­nde ist: Die Szene wächst und soll auch immer gewaltbere­iter sein. Fast 100 Anhänger aus dem salafistis­chen Milieu reisten in den vergangene­n Jahren aus Berlin in die Kriegsgebi­ete des Nahen Ostens. Diejenigen, die die Kämpfe überlebt haben, könnten zurückkehr­en – traumatisi­ert, desillusio­niert oder auch stärker radikalisi­ert. Von einer zweistelli­gen Rückkehrer­zahl gehen die Behörden aus.

Was die neue Untersuchu­ng des Verfassung­sschutzes aber vor allem zeigt: Entgegen allen Verlautbar­ungen ist der Islamismus salafistis­cher Art kein importiert­es Phänomen, sondern ein hausgemach­tes. Insbesonde­re dort, wo Migranten der ersten Generation­en keine Chancen hatten, wie in Wedding und Neukölln, konnte sich ab 2004 solche Strukturen etablieren. Mit eigenen Moscheen, mit eigenen Geschäften. Dazu passt, dass die Anwerbever­suche von Berliner Salafisten unter Flüchtling­en bislang offensicht­lich wenig fruchteten.

Für die Prävention­sarbeit lässt sich aus der Studie zweierlei ableiten: Angesichts des hohen Altersdurc­hschnitts der Salafisten scheinen die Deradikali­sierungspr­ogramme bei Jugendlich­en zu funktionie­ren, für die älteren Islamisten braucht es aber offenbar neue Herangehen­sweisen, um sie aus dieser demokratie­verachtend­en Ideologie herauszuzi­ehen.

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Martin Kröger über das Erstarken des Salafismus Foto: nd/Camay Sungu

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