Rechte Flanke
Die Fußballer des FC Bundestag nehmen drei AfD-Abgeordnete in ihr Team auf. Einen Anwärter lehnen sie ab
Beim FC Bundestag wollen AfDAbgeordnete mitspielen.
Die Kicker des FC Bundestag hatten sich zu überlegen, wie sie mit den neuen Parlamentskollegen der AfD umgehen. Sie trafen unterschiedliche Entscheidungen. Nicht nur Fußballprofis plagt manchmal das Problem, dass ihnen Mitspieler vorgesetzt werden, auf die sie so gar keine Lust haben. Die Spieler des 1967 gegründeten FC Bundestag e.V. mussten sich jüngst mit den neuen politischen Realitäten nach der Bundestagswahl befassen: Abgeordnete der AfD begehrten um Aufnahme in den Verein, der laut Satzung den »Bundestag nach außen repräsentiert« und »der Förderung des Austausches und der Zusammenarbeit mit Parlamentariern anderer Länder« dienen soll.
Schon Joschka Fischer, Helmut Kohl, Oskar Lafontaine oder Norbert Lammert traten gegen den Ball bei der traditionsreichen Abgeordnetenauswahl, die stets im DFB-Trikot aufläuft. Parteipolitisches bleibt dabei in der Kabine. Fern der üblichen Streitereien absolviert die Elf etwa ein Dutzend Freundschaftsspiele pro Jahr. Trainiert wird immer dienstags in Sitzungswochen – im Winter in der Halle, im Sommer im heimischen Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg. Freundschaftsspiele dienen oft dem guten Zweck, manchmal stehen auch internationale Parlamentariermeisterschaften an.
Die Gegner heißen FC Diabetologie oder DBB-Beamtenbund. Ein andermal geht es für die Mannschaft um Kapitän Marcus Weinberg (CDU) gegen den FC Nationalrat (Österreich) oder man reist nach nach Jerusalem, um sich mit der Auswahl der israelischen Knesset zu messen.
Spielführer Marcus Weinberg ist für die Aufstellung zuständig. »Es geht dabei darum, dass alle Spaß haben, bei wichtigen Turnieren spielt natürlich auch das Leistungsprinzip eine Rolle«, sagt der Hamburger, der eine Mannschaft mit sehr unterschiedlichen Charakteren anführt. So gehört beispielsweise Thomas Oppermann (SPD) zumindest zum Kader, während Turnweltmeister Eberhard Gienger (66, CDU) in der Abwehr für Ordnung sorgt. Fürs Toreschießen hingegen ist André Hahn (54) von der LINKEN auf Rechtsaußen zuständig. Hahn sagt, es gebe eine lange Warteliste von Teams, die gerne gegen den FC Bundestag auflaufen wollen. »Die Gegner sollen schon der Alterskategorie Ü35 oder Ü40 angehören«, erzählt Hahn, »sonst hat es keinen Sinn.«
Am Mittwoch trafen sich die Vereinsmitglieder im Jakob-Kaiser-Haus, um über die Aufnahmeanträge von fünf AfD-Mitgliedern zu entscheiden. Eigentlich hatte man die Satzung um den Paragrafen 2.3 erweitern wollen, nach dem der FC »für Weltoffenheit, Völkerverständigung sowie Toleranz« stehen soll und »sich klar gegen jede Form von Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus sowie fremdenfeindliche Bestrebungen« positioniert. Doch auch Politprofis müssen die Tücken des deutschen Vereinsrechts beachten: Um die Satzungsänderung am Mittwoch be- schließen zu können, hätte der Entwurf dafür schon bei der Einladung zu einer der vorhergehenden Vereinssitzungen versandt werden müssen. Die Änderung soll nun bei der kommenden Mitgliederversammlung beschlossen werden.
Stattdessen wurde einzeln über die Aufnahme von neuen Mitgliedern abgestimmt, am Ende wurden 22 neue Mitglieder in den Verein aufgenommen, darunter auch drei AfD-Abgeordnete, die gerne zur Bundestagsauswahl gehören wollen.
Nur AfD-Mann Sebastian Münzenmaier wurde abgelehnt, er ist erstinstanzlich wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Nach Ansicht der Richterin soll er dabei gewesen sein, als Kaiserslauterer Hooligans Mainzer Fans angriffen. Münzenmaier bestreitet die Tat. Auch seinen Ausschluss durch »die Altparteien« kritisiert er in einem Statement: »Ohne Gespräch oder jegliche Begründung verweigern die Altparteienpolitiker, die anscheinend lieber unter sich duschen möchten, das gemeinsame Fußballspiel.«
Linkspolitiker André Hahn sagt, dass er »natürlich null Bock« habe, mit AfD-Leuten zusammen zu spielen: »Aber soll ich nun aufhören wegen denen?« Er werde mal abwarten, wer denn wirklich auf dem Platz erscheine, sagt der Bundestags-Torjäger. Auch Defensivspezialist Weinberg von der CDU will sich die Stimmung nicht von Rechts vermiesen lassen: »Da müsste schon viel passieren, dass ich die Lust am Fußball verliere.«
Im Sächsischen Landtag sind die kickenden Abgeordneten seit 2014 das Zusammenspiel mit RechtsaußenKollegen gewohnt. Beim FC Landtag Sachsen dürfen auch AfD-Kicker mitspielen – unter Verweis auf die Rechtsund Verfahrensordnung des DFB, die es untersagt, »die Menschenwürde einer Person oder einer Gruppe von Personen durch herabwürdigende, diskriminierende oder verunglimpfende Äußerungen oder Handlungen in Bezug auf Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion oder Herkunft« zu verletzen.
Zwei AfD-Abgeordnete spielen regelmäßig bei den Auftritten der Dresdner Parlamentarier-Elf mit, bisher sei den Kollegen nichts vorzuwerfen gewesen, sagt Holger Mann, SPD-Landtagsabgeordneter aus Leipzig und Vorstandmitglied beim FC Landtag Sachsen. Seine Empfehlung für den FC Bundestag? »Man sollte konsequent drauf achten, wie sich alle auf dem Rasen und auch am Spielfeldrand verhalten«, sagt Mann, »und alles, was außerhalb des Fußballs passiert, auch außerhalb abhandeln. Dann kann es klappen.«