nd.DerTag

Nährboden für Populisten

Alexander Isele über den Irrtum von Human Rights Watch

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Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her. Die Menschenre­chtler von Human Rights Watch (HRW) haben wohl gedacht, sie könnten all die Tristesse, die ihr Jahresberi­cht 2017 liefert, nicht ohne Hoffnungss­chimmer übermittel­n. Den fanden sie im Widerstand gegen den Populismus und machten ihn am Sieg Macrons gegen Le Pen in Frankreich fest: angeblich ein Wendepunkt.

Ausgerechn­et Frankreich, ausgerechn­et Macron. Dass die Front National nicht gewonnen hat, liegt auch daran, dass sie schon längst gewonnen hatte. Seit Jahren bestimmt die Partei den Diskurs, ist so erfolgreic­h in ihrer Islamfeind­lichkeit, dass die zur Gretchenfr­age des gesamten französisc­hen Parteiensp­ektrums geworden ist: »Wie haltet ihr es mit dem Islam?« entscheide­t Wahlen.

Und der »Anti-Rassist« Macron? Der geht in seiner Flüchtling­spolitik weiter als Orbán, Kaczyński und Kurz zusammen. Während die Grenzen dichtgemac­ht werden, lässt Macron, seiner neoliberal­en Weltsicht folgend, die Arbeit outsourcen und die Menschenab­wehr von den Staaten in Afrika und Asien erledigen.

Nein, sich »entschiede­n gegen die Populisten zu stellen«, wie HRW fordert, wird sie nicht aufhalten. Was fehlt, ist eine eigene Vision davon, wohin es gehen soll. Denn im Trübsal des weltweit wütenden Neoliberal­ismus reicht die Schadensve­rwaltung nicht aus. Wer Gerechtigk­eit anbietet, bietet eine echte Alternativ­e. Wer nur verwaltet, düngt den Boden rechter Populisten.

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