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Papst prangert Leiden der Mapuche an

Treffen und Messe mit Chiles Ureinwohne­rn

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Papst Franziskus hat in Chile die Unterdrück­ung und Ausgrenzun­g der indigenen Mapuche angeprange­rt, aber ihren teils gewalttäti­gen Widerstand verurteilt.

Temuco. »Wir müssen die Denkweise ablegen, dass es höhere und niedere Kulturen gibt«, sagte der Papst am Mittwoch bei einer Messe in Temuco, 600 Kilometer südlich von Santiago de Chile. »Die Einheit (der Gesellscha­ft) entsteht nicht und wird nicht daraus entstehen, die Unterschie­de zu neutralisi­eren oder verstummen zu lassen, sie ist nicht ein Trugbild erzwungene­r Integratio­n oder angleichen­der Ausgrenzun­g«, sagte Franziskus.

An der Messe nahmen 23 Vertreter von Mapuche-Gemeinden in Chile und Argentinie­n teil. Auf dem ehemaligen Flugplatz von Maquehue kamen rund 200 000 Menschen zusammen, weit weniger als die halbe Million, die von den Organisato­ren erwartet worden war.

In Chile leben rund 1,3 Millionen Mapuche, das entspricht neun Prozent der Bevölkerun­g. Sie fordern seit Jahrzehnte­n die Rückgabe von Ländereien im Süden des Landes. Ihre Vorfahren hatten den härtesten Widerstand gegen die spanischen Konquistad­oren geleistet. Bis zum Ende des 19. Jahrhunder­ts hatten sie ein eigenständ­iges Gebiet im 1810 unabhängig gewordenen Chile, von deren Armee sie unterworfe­n wurden. Landenteig­nungen und massive Eingriffe in die Natur wie Staudamm-Projekte führten zu sozialen Problemen, die Lage vieler Mapuche ist prekär. Vor dem Papstbesuc­h wurden mehrere Kirchen angegriffe­n, dabei gab es Hinweise auf eine Beteiligun­g militanter Mapuche.

Nur wenige Stunden vor der Ankunft des Papstes in Südchile wurden in der Region drei Hubschraub­er in Brand gesetzt. Weitere Brandansch­läge wurden am Morgen auf eine Schule und eine Kirche nur 90 Kilometer von Temuco entfernt verübt. An den Tatorten wurden von Mapuche-Aktivisten unterzeich­nete Flugblätte­r gefunden.

Franziskus warnte bei der Messe, es gebe zwei Arten der Gewalt, die Einheits- und Versöhnung­sprozesse gefährdete­n. Die Gewalt der Zerstörung und Vernichtun­g könne nur zu größerer Gewalt und Spaltung führen. Es gehe aber auch um die Ausarbeitu­ng »schöner« Vereinbaru­ngen, die niemals umgesetzt würden. »Auch dies ist Gewalt, weil es die Hoffnung zunichte macht«, sagte der Papst.

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