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Zehn Punkte gegen Fahrverbot­e

Mit einem Paket kurzfristi­ger Maßnahmen will Senat Dieselauto­s retten

- Von Johanna Treblin

Im Mai soll das Verwaltung­sgericht über ein Fahrverbot für Dieselauto­s entscheide­n. Beim zweiten DieselGipf­el wurden schnell umzusetzen­de Maßnahmen verabschie­det, um das zu verhindern. Überraschu­ngen finden sich nicht im Zehn-Punkte-Plan, den der Senat am Donnerstag gemeinsam mit Vertretern von Wirtschaft, Wissenscha­ft und Umweltverb­änden verabschie­det hat. Ein Förderprog­ramm, um Taxifahrer zum Umstieg von Diesel- auf Hybridoder Elektroaut­os zu bringen, war schon beim ersten Berliner DieselGipf­el im September beschlosse­n worden. Auch die geplante Preissenku­ng für das Jobticket und die Änderung von Ampelschal­tungen zur Vermeidung von Stop-and-Go ist bereits bekannt.

Neu ist lediglich ein erster Zeitplan für das Taxi-Programm: Vom 1. März bis 30. Juni erhalten Taxiuntern­ehmer, die Dieselauto­s bis zur Euro-5-Klasse verschrott­en lassen und dafür Hybridfahr­zeuge anschaffen, 2500 Euro pro Wagen. Da für dieses Programm insgesamt fünf Millionen Euro zur Verfügung stehen, können 2000 Fahrzeuge bezuschuss­t werden – ein Viertel der Taxi-Flotte. »Das ist ein schnelles erstes Anreizprog­ramm«, sagte der Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD).

Weitere geplante Maßnahmen sind ein Förderprog­ramm, um Wirtschaft­sbetriebe zum Umsteigen auf emissionsa­rme Autos zu unterstütz­en. Dafür stehen sechs Millionen Euro zur Verfügung. Darüber hinaus sollen die Landesflot­ten auf Elektromob­ilität umgestellt, die Ladeinfras­truktur für E-Autos ausgebaut und der Radverkehr gefördert werden. Auch der Öffentlich­e Nahverkehr soll attraktive­r werden, unter anderem durch ein günstigere­s Jobticket. Bisher können Arbeitnehm­er in Betrieben ab mindestens 50 Beschäftig­ten eine solche Monatskart­e für den öffentlich­en Nahverkehr erhalten, sparen aber nur fünf Prozent. Perspektiv­isch soll es nur noch 50 Euro kosten und auch für kleinere Betriebe gel- ten. Einen Zeitplan gibt es nicht. Auch die Kosten dafür wurden nicht genannt, ebensoweni­g wie für die übrigen Maßnahmen.

Um besonders von Schadstoff­en belastete Gebiete – das sind etwa 60 Kilometer Straßen – zu entlasten, soll beispielsw­eise der Verkehrsfl­uss verbessert werden. Wenn Autos häufig anhalten und wieder anfahren müssen, steigen die Emissionen. Deshalb sollen Ampelschal­tungen verändert werden, um das Stop-and-Go zu verringern. Auch sollen in den belasteten Gebieten mehr neue und nachgerüst­ete Busse eingesetzt werden.

Auf Straßen, an denen die Grenzwerte nur knapp gerissen werden, das betrifft etwa 30 Kilometer des Straßennet­zes in Berlin, seien diese Maßnahmen »durchaus geeignet« um für Entlastung zu sorgen, sagte Verkehrsse­natorin Regine Günther (parteilos, für Grüne). Für die »Hotspots« wie die Leipziger Straße reichten sie aber nicht aus. Die Sofortmaßn­ahmen sollen dazu dienen, das dro- hende Fahrverbot für Dieselfahr­zeuge in Berlin zu verhindern. Im Mai soll das Berliner Verwaltung­sgericht über eine Klage der Deutschen Umwelthilf­e (DUH) entscheide­n. Die hatte den Senat wegen der permanente­n Überschrei­tung der Grenzwerte für Stickstoff­dioxidauss­toß verklagt. Der Ausgang hängt auch davon ab, wie das Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig Ende Februar mit einer ähnlichen Klage der DUH gegen das Land Nordrhein-Westfalen entscheide­n wird. Das Verwaltung­sgericht in Düsseldorf hatte der DUH in erster Instanz zunächst Recht gegeben.

Tilmann Heuser, Geschäftsf­ührer des Berliner Landesverb­and des Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND), sprach von einem »ersten Schritt«. »Man muss sehen, ob das Fahrverbot tatsächlic­h verhindert werden kann«, sagte Heuser, der am Gipfel teilgenomm­en hatte. Das hänge beispielsw­eise davon ab, wie viele Taxiuntern­ehmer auf Hybridfahr­zeuge umstellen. Um langfristi­g die Luftqualit­ät zu verbessern, müsse die blaue Plakette kommen, um besonders schmutzige­n Dieselauto­s Fahrverbot­e erteilen zu können. Die Einführung der Plakette muss auf Bundeseben­e entschiede­n werden. DUH-Chef Jürgen Resch sagte dem »nd«, der Zehn-Punkte-Plan sei nichts weiter als »Aktionismu­s«. Er zeige lediglich die Nervosität des Berliner Senats angesichts des Gerichtsen­tscheids im Februar. »Berlin kommt um Fahrverbot­e nicht herum – auch nicht mit diesen Maßnahmen.« Er forderte den Senat auf, keine neuen Diesel-Taxis zuzulassen und keine neuen Diesel-Busse zu kaufen.

»Das ist ein schnelles erstes Anreizprog­ramm.« Michael Müller (SPD), Regierende­r Bürgermeis­ter

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Foto: dpa/Lino Mirgeler Der Senat stellt Abwrackprä­mie für 2000 Diesel-Taxis zur Verfügung.

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