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DDR-Kunst hinter der Maske oder nicht?

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung veranstalt­ete eine Diskussion zu einer Ausstellun­g im Potsdamer Museum Barberini

- Von Wilfried Neiße

Die sachfremde Einteilung der DDRKunst in »staatsnah« und »opposition­ell« hat mit der Qualität der Werke nichts zu tun, ergab eine Diskussion am Mittwochab­end. Als der Softwaremi­lliardär Hasso Plattner vor einem Jahr sein Potsdamer Museum Barberini eröffnete, äußerte er als Sammler von DDR-Kunst über die DDR: »Das war ein normales Land.« Plattner setzte hinzu, dass die DDR-Bürger und die in der DDR geschaffen­e Kunst »bei der Wiedervere­inigung schlecht beurteilt« worden seien.

Vor einigen Wochen bekam die DDR-Kunst im Museum Barberini sogar eine ihr eigens gewidmete Ausstellun­g. »Hinter der Maske« heißt diese Ausstellun­g, die am Mittwochab­end Gegenstand einer Debatte war, zu der die Rosa-Luxemburg-Stiftung eingeladen hatte. »Hinter der Maske?« lautete der Titel dieser Veranstalt­ung. Vor einem überfüllte­n Saal in der Potsdamer Dortustraß­e diskutiert­en Künstler und Kunstwisse­nschaftler, ob sich die Bildende Kunst der DDR sinnvoll auf den Nenner Maske bringen lasse.

Die Kulturwiss­enschaftle­rin Gerlinde Förster beschrieb den Umgang mit DDR-Kunst in der deutschen Öffentlich­keit seit 1990. War zunächst abgesehen von den als »widerständ­isch« eingestuft­en Werken der Blick auf die DDR-Kunst ein verächtlic­her Blick und wurden »simple Klischees« bedient, so zeichnet sich Förster zufolge in jüngster Zeit eine objektiver­e und ernsthafte Draufsicht ab.

Die Qualität, der im Museum Barberini präsentier­ten Werke von Willi Sitte, Wolfgang Mattheuer, Bernard Heisig, Werner Tübke und vielen anderen ist über jeden Zweifel erhaben, doch der kunstferne­n Einteilung in »staatsnah« und »opposition­ell« sind auch sie nach 1990 nicht entgangen. Diese Perspektiv­e bestimme heute noch die Debatte und werde »wie ein Stöckchen hingehalte­n«, beklagte Förster. Der Zeichner Harald Kretzschma­r rief: »Es liegt lähmend über allem. Sie schreiben doch alle dasselbe.«

Das Interesse des Mäzens Plattner an einer achtungsvo­lleren Einordnung von DDR-Kunst hänge sicher nicht zuletzt mit seinem Interesse an der Wertsteige­rung der von ihm erworbenen Bilder zusammen, ließen die Podiumstei­lnehmer durchblick­en. Einig waren sie sich darin, dass die DDR-Kunst in den vergangene­n Jahrzehnte­n einer Atmosphäre von Vorurteile­n, Bornierthe­it, ideologi- schen Vorbehalte­n, vernagelte­r Indoktrini­ertheit und vorauseile­ndem Gehorsam ausgesetzt gewesen sei.

»Warum die postume Kriegserkl­ärung an eine Lebensleis­tung?«, fragte der Maler Ronald Paris, der in der Barberini-Ausstellun­g vertreten ist. Ihm falle auf, dass die Urteile über die DDR-Kunst gefällt werden, ohne dass mit den noch lebenden Künstlern auch nur einmal gesprochen worden wäre und ohne dass sie zu Wort kommen könnten. Der Grafiker Bernd Frank konnte sich nur wundern, nach 1990 unter dem Schlagwort »widerständ­isch« eingeordne­t worden zu sein.

Man spreche besser statt von DDRKunst von »Kunst, die in der DDR entstand«, warb die Kunstwisse­nschaftler­in Marieluise Schaum.

In der Debatte wurde herausgear­beitet, dass westdeutsc­he Kunsthändl­er, Kuratoren und Galeristen, die die Kunstszene dominieren um nicht zu sagen ihr diktieren, auf die DDR-Kunst oft erst dann einen sachlicher­en Blick werfen, wenn die Kunstwerke zuvor im westlichen Ausland, beispielsw­eise in Los Angeles oder New York, gleichsam geadelt worden sind. Über einen solchen Umweg sei heutzutage in Deutschlan­d wieder Anerkennun­g möglich.

Deutlich wurde aber auch, dass Kunstkenne­r aus dem Westen Deutschlan­ds nicht einheitlic­h auftreten, dass sie sich durchaus engagiert und fachkundig für eine gerechte Beurteilun­g der DDR-Kunst einsetzen und sie oft dem Vergessen entreißen. Während im Dresdner Albertinum »eine zugereiste Dame wütet« (Ronald Paris), und mit einem Werk von Tübke und einem von Mattheuer die letzten beiden DDRKünstle­r aus der Ausstellun­g entfernt habe, herrscht im Cottbuser Kunstmuseu­m Dieselkraf­twerk ein völlig anderer Geist, ausgehend von einer Direktorin, die nicht minder »zugereist« ist.

Der Barberini-Ausstellun­g bescheinig­te Kunstwisse­nschaftler­in Förster Begleittex­te, die als »naiv und dümmlich« einzuordne­n sind. Anderseits vertrat die Kuratorin der Ausstellun­g aber die Ansicht, dass die »staatsnahe« oder »opposition­elle« Einstellun­g eines DDR-Malers nichts über die künstleris­che Qualität seiner Werke aussage.

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Foto: Museum Barberini/Helge Mundt In der Ausstellun­g »Hinter der Maske«

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