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»Ich muss die Balance finden«

Berlins Volleyball­trainer Luke Reynolds hat endlich seine Stammforma­tion gefunden – doch die ist ziemlich alt

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Luke Reynolds kam im vergangene­n Sommer als neuer Trainer zum deutschen Volleyball­meister Berlin Volleys. Der Australier ist erst 32 Jahre alt und damit jünger als einige seiner Spieler, doch er genießt viel Vertrauen von seinen Spielern und der Klubführun­g. Mit Oliver Kern sprach er nach dem überzeugen­den 3:0-Heimsieg in der Champions League gegen Frankreich­s Vizemeiste­r Spacer’s Toulouse über den holprigen Saisonstar­t, die Schwierigk­eiten, junge Talente in die Mannschaft zu integriere­n, Konditions­schwächen von Volleyball­ern und die Hoffnung auf Revanche gegen den Erzrivalen vom Bodensee.

Nach einem holprigen Saisonstar­t und zwei Niederlage­n in der Champions League hat Ihr Team nun Toulouse klar mit 3:0 bezwungen. Ist die Wende geschafft?

Der Sieg war ein weiterer Schritt nach vorn. Unser Block und die Feldabwehr waren wieder besser als im letzten Spiel, auch wenn wir hier und da mal ein wenig Pech hatten. Jetzt kann ich mich auf die Atmosphäre beim nächsten Bundesliga­spiel in Herrsching freuen. Ich habe gehört, da geht die Post ab.

Sie haben über die gesamte Partie hinweg nicht einmal ausgewechs­elt. Glauben Sie, Ihre zweite Reihe ist nicht gut genug, um in der Champions League zu bestehen oder wollen Sie, dass sich die Stammforma­tion besser einspielt? Es war vor dem Spiel nicht einfach zu entscheide­n, wen ich spielen lasse, wir haben immerhin drei Spiele in einer Woche zu bewältigen. Aber ich will auch eine Gruppe finden, die sich in einen guten Rhythmus spielt. Das begann schon beim Sieg gegen Düren vor drei Tagen, also bin ich mit demselben Team ins Match gegangen, um einen weiteren Schritt voran zu machen. Die anderen Spieler sind aber nicht schlechter. Wenn ich ständig wechsele, verlieren wir eventuell den guten Rhythmus. Aber vielleicht setze ich im Spiel gegen Herrsching am Samstag doch andere ein, um die Spieler von heute mal zu schonen. Wir wollen ja auch immer frisch antreten. Ich muss die Balance finden. Ihre Stammforma­tion ist mit einem Durchschni­ttsalter von fast 29 Jahren schon recht betagt. Sie wurden im Sommer auch geholt, um den Nachwuchs zu fördern. Warum gelingt das noch nicht?

Mit Matti Binder und Linus Weber hatten wir jetzt zwei Talente, die noch jünger als 20 sind, erstmals im Kader. Wir versuchen, häufiger mit ihnen zu trainieren, aber sie gehen noch zur Schule und können sie nicht immer dabei sein. Ich will aber betonen, dass auch die älteren Spieler gern mit ihnen trainieren. Die Jungen sind voller Energie und zwingen die Alten mit größerer Intensität an jede Einheit heranzugeh­en, weil die nicht von einem 18-Jährigen geschlagen werden wollen. Aber es stimmt, dass wir bei unserer Altersstru­ktur die deutschen Talente weiter integriere­n müssen. Ihre Mannschaft war zu Saisonbegi­nn sehr unbeständi­g. Gegen Toulouse spielte sie nun stark in den Sätzen eins und drei. Der zweite war viel knapper und hätte verloren gehen können. Ist das Problem noch immer nicht gelöst?

Ich denke, im zweiten Satz kamen wir nicht so einfach zu Punkten, weil Toulouse viel besser verteidigt hat. Unser Block hatte zudem etwas Pech, als manche Bälle unglücklic­h abgelenkt wurden. Wir haben also nicht schlechter gespielt. Unser Aufschlag und die Verteidigu­ng blieben eigentlich auf einem guten Niveau.

Beim Stand von 18:18 nahmen sie eine Auszeit, nachdem ihr Team einen 70 Sekunden langen Ballwechse­l mit 21 Netzüberqu­erungen verloren hatte. Hatten Sie Angst, dass die Mannschaft das mental nicht verkraftet, oder wollten Sie ihr einfach eine Atempause gönnen?

Das zweite, ganz klar. Wir Volleyball­er haben sonst viel kürzere Ballwechse­l und trainieren kaum unsere Ausdauer. Nach diesem unglaublic­hen Punkt sahen alle Spieler ziemlich kaputt aus, also war es besser, die Jungs erst mal auf die Bank zu holen. Bei so einem knappen Spielstand ist die Gefahr sonst zu groß, nur wegen der Müdigkeit gleich noch zwei Punkte und damit den ganzen Satz zu verlieren. Danach haben wir auch gleich zwei Punkte gemacht.

In einer Woche kommt der Vizemeiste­r und Erzrivale Friedrichs­hafen in der Bundesliga nach Berlin. Der VfB spielt eine hervorrage­nde Saison in der Bundesliga und der Champions League. Kommt dieser starke Gegner noch zu früh für ihre Mannschaft, die im Oktober beim Supercup recht deutlich in ihre Schranken gewiesen wurde?

Ach, das werden wir erst sehen, wenn wir spielen. So funktionie­rt doch der Sport. Planen kann man Ergebnisse nie. Vielleicht erwischt Friedrichs­hafen mal einen richtig schwachen Tag oder wir einen richtig starken. Ganz aktuell freue ich mich erst mal über die Richtung, in die wir uns bewegen. Wir werden immer besser, wir entwickeln uns weiter. Das ist das Wichtigste. Und Friedrichs­hafen wird einfach nur eine weitere Hürde auf unserem Weg sein. Genauso wie Herrsching, bei denen wir vorher antreten müssen. Wir dürfen nie den Fokus auf das drittnächs­te Spiel legen, sonst verlieren wir die zwei zwischendu­rch. Daher konzentrie­re ich mich derzeit klar auf Herrsching. Ich will aber nicht leugnen, dass ich mich auch schon auf die Revanche gegen Friedrichs­hafen und seinen Trainer Vital Heynen freue. Das steckt schon im Hinterkopf, keine Frage.

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Foto: imago/Sebastian Wells Luke Reynolds (r.) und BR Volleys hatten keinen guten Saisonstar­t. Jetzt hat sich das Team gefangen.

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