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Linke sagen »Direktoriu­m für Europa« den Kampf an

Gemeinsame Erklärung von Sahra Wagenknech­t, Jean-Luc Mélenchon und Dietmar Bartsch warnt vor den geplanten Folgen eines neuen Élysée-Vertrages

- Von Uwe Kalbe Lesen Sie die Erklärung unter: dasND.de/elysee

Der Bundestag verabschie­dete zur Feier des Élysée-Vertrages am Montag einen Beschluss, der umfangreic­he Kooperatio­nsabsichte­n enthält. Länderüber­greifend warnt die Linke vor den geplanten Folgen. Als der Élysée-Vertrag 1963 unterschri­eben wurde, geschah dies unter den misstrauis­chen Blicken der Bündnispar­tner im Westen. Ratifizier­t wurde der Vertrag von Deutschlan­d deshalb erst, nachdem ihm eine Präambel vorangeste­llt worden war, die klarstellt­e, dass der Vertrag nichts an der festen Anbindung Deutschlan­ds an die USA, die NATO und die EU-Institutio­nen ändern werde. Die Lage hat sich geändert. Die Regierunge­n beider Länder sehen die Zeit gekommen, Europa einen neuen Schub zu geben und haben ihren gemeinsame­n Führungsan­spruch dabei deutlich gemacht. Ein Kerneuropa, das Kritiker als ein Europa der zwei Geschwindi­gkeiten ausmalen, ist damit praktisch schon erklärte Absicht, wie man aus dem Beschluss des Bundestage­s vom Montag herauslese­n kann. Auch in der Erklärung, die Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Präsident Emmanuel Macron bei ihrer Zusammenku­nft am letzten Freitag unterzeich­neten, werden die Ambitionen beider Seiten deutlich.

Der Bundestag würdigt in einem Beschluss den Vertrag, der vor 55 Jahren in Kraft trat, legt aber zugleich fest, dass ein neuer Vertrag noch in diesem Jahr unterzeich­net werden soll. Unterschri­eben haben ihn die Fraktionen von Union, SPD, Grünen und FDP – nicht aber die der LINKEN und der AfD. Die AfD hat dem Bundestag den Kampf angesagt und beantworte­te ihren Ausschluss aus der Initiative mit einem Boykott der gemeinsame­n Veranstalt­ungen von Bundestag und französisc­her Nationalve­rsammlung am Montag. Die LINKE brachte hingegen einen eigenen Antrag in den Bundestag ein. In diesem macht sie ihre alternativ­en Vorstellun­gen und ihre Kritik am Beschluss deutlich.

Ausführlic­her noch wird dies in einer Erklärung getan, die die Fraktionsv­orsitzende­n der LINKEN gemeinsam mit dem Chef der Gruppe La France insoumise (Das aufständis­che Frankreich) verabschie­deten. Darin sprechen Jean-Luc Melenchon, Sahra Wagenknech­t und Dietmar Bartsch dem Élysée-Vertrag positive Wirkungen auf die Zusammenar­beit beider Länder und auf die Entwicklun­g Europas seit dem Zweiten Weltkrieg zu. Vor allem aber sehen die drei Politiker die Gefahr, dass sich beide Länder als »eine Art Direktoriu­m« installier­en, das über das Schicksal der 26 anderen EU-Mitgliedst­aaten entscheide­t.

»Wir können keine deutsch-französisc­he Kooperatio­n akzeptiere­n, die darauf beruht, die anderen Länder beiseite zu drängen und die sich zum Ziel setzt, den Rest Europas zu dominieren«, schreiben Wagenknech­t, Mélenchon und Bartsch in ihrer Erklärung. Die Befürchtun­g nährt sich vor allem aus den politische­n Erfahrunge­n der letzten Jahre, dem Umgang der EU mit der Finanzkris­e unter dem Einfluss Berlins und den Absichtser­klärungen Macrons. Im Beschluss des Bundestage­s sprechen sich die Abgeordnet­en für die Verwirklic­hung eines deutsch-französisc­hen Wirtschaft­sraums mit einheitlic­hen Regelungen sowie »für eine entspreche­nde Harmonisie­rung der Regelungen zur Vollendung des europäisch­en Binnenmark­tes« aus.

In ihrer Erklärung sehen die drei Linkspolit­iker hierin die Gefahr eines »Deals« für die Eurozone: »Geld gegen Strukturre­formen, permanente Kürzung von Löhnen, Renten und öf- fentlichen Investitio­nen, eine ›Agenda 2010‹ in Frankreich statt Stärkung der Binnenwirt­schaft und Abbau der deutschen Exportüber­schüsse. Diese Politik wird die Krise in der EU weiter vertiefen und rechtspopu­listischen Kräften in Frankreich und Deutschlan­d weiter Auftrieb geben.« Ein neuer Élysée-Vertrages sollte stattdesse­n einen ausgeglich­enen Außenhande­l vorsehen, eine europäisch­e Schuldenko­nferenz sowie eine zeitlich befristete Vermögensa­bgabe von Millionäre­n nach dem Vorbild des deutschen Lastenausg­leichs nach dem Zweiten Weltkrieg. Und der Fiskalpakt­s sollte ausgesetzt werden.

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