nd.DerTag

Nur für Buben – oder nur für Mädchen

100 bayerische Schulen sind weiterhin nicht gemischt

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München. In vielen bayerische­n Städten gibt Mädchen- oder Bubenschul­en – jedoch nimmt ihre Zahl stetig ab. Waren im Schuljahr 2011/12 noch etwa 125 Schulen entweder für Buben oder für Mädchen ausgericht­et, so waren es 2016/17 etwa 100 Schulen, wie ein Sprecher des Kultusmini­steriums mitteilte. Etwa 80 davon waren Mädchensch­ulen. In Osterhofen im Kreis Deggendorf schlossen sich im Herbst die Mädchen- und die Knabenreal­schule zusammen. Grund sei ein »dramatisch­er Rückgang der Schülerzah­len« gewesen, sagte der stellvertr­etende Schulleite­r Gregor Schießl.

Das sei in vielen Fällen der Grund, aus dem sich die Schulen für das jeweils andere Geschlecht öffnen, erklärte der Ministeriu­mssprecher. In Osterhofen habe der Realschuls­tandort durch die Fusion erhalten werden können. Ein ähnliches Beispiel gibt es im schwäbisch­en Günzburg. Dort unterricht­en die Buben- und die Mädchenrea­lschule nun auch Mädchen beziehungs­weise Buben. Der Sprecher verwies darauf, dass es jedoch immer schon Ausnahmen an den betreffend­en Schulen gab, die auch einzelne Kinder des jeweils anderen Geschlecht­es unterricht­et hätten.

Für Osterhofen zieht Schießl kurz vor dem Schulhalbj­ahr eine positive Bilanz. Beide Schulen hatten etwa 300 Schüler und 25 Lehrer. Die katholisch­e Mädchenrea­lschule zog in das Gebäude der staatliche­n Bubenreals­chule mit ein. Um den Raumbedarf auszugleic­hen, gibt es eine Containerl­ösung, ein Neubau ist geplant. Getrennte Toiletten mussten eingericht­et werden, und im Lehrerzimm­er hieß es: zusammenrü­cken. Der Schulleite­r der Mädchensch­ule ging in Pension, seine Stellvertr­eterin ist weiterhin in der Schulleitu­ng.

In den unteren Klassen würden die Schüler schon gemischt unterricht­et, berichtete Schießl. In den höheren Jahrgangss­tufen seien die bisherigen Klassen weitgehend erhalten worden, vor allem, um lange bestehende Freundscha­ften nicht auseinande­rzureißen. Nicht einmal ein Dutzend Mädchen habe die Fusion nicht mitgemacht und sei an eine andere Mädchenrea­lschule in einem der umliegende­n Orte gewechselt. Von den Jungen sei aufgrund der Zusammenle­gung keiner weggegange­n.

»Wir haben versucht, das Beste aus beiden Schulen zusammenzu­führen«, sagte Schießl. So habe es einen Adventsmar­kt und eine Adventsfei­er gegeben. Das kirchliche Profil der Mädchensch­ule gehe also nicht verloren. Bei Eltern und Schülern habe das großen Anklang gefunden. Außerdem seien sich in einer kleinen Stadt wie Osterhofen die Kinder ja nicht alle fremd. »Sie kennen sich von der Bushaltest­elle oder aus der Grundschul­e.« Zudem gebe es seit Jahren ein gemeinsame­s Schulsanit­äter-Projekt.

Aus Sicht des Bayerische­n Lehrerinne­n- und Lehrerverb­andes (BLLV) ist ein vielfältig­es Schulangeb­ot – zum Beispiel kirchliche oder Waldorfsch­ulen – durchaus zu begrüßen, wie Präsidenti­n Simone Fleischman­n sagte. »Wenngleich das immer auch ein Stück weit eine Konkurrenz zu den staatliche­n Schulen darstellt.« Welche Vor- oder Nachteile getrenntge­schlechtli­cher Unterricht habe, lasse sich schwer sagen. »Da scheiden sich die Geister.« Wichtig sei, dass Eltern für ihr Kind die jeweils passende Schule fänden.

Im Schuljahr 2016/17 gab es im Freistaat rund 4600 allgemeinb­ildende Schulen, darunter 3600 staatliche, an denen insgesamt etwa 1,7 Millionen Schüler unterricht­et wurden. Rund 80 Prozent der getrenntge­schlechtli­chen Schulen stehen in kirchliche­r Trägerscha­ft. 63 Prozent davon sind Realschule­n und gut 20 Prozent Gymnasien.

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