nd.DerTag

Ritter und Recken

- Von Klaus Bellin

Auch

Arno Schmidt hat ihn nicht retten können. Er hielt ihn für einen großen Dichter, einen »Zauberer, der aus Buchstaben unirdisch glühende Bilder weben kann«, und er schrieb sogar ein Buch über ihn, das umfang- und materialre­ichste, das es gibt. Es hat dem armen Fouqué wieder Aufmerksam­keit beschert, aber die Spötter sind nicht verstummt.

In Brandenbur­g am 12. Februar 1777 geboren, schien diesem Friedrich Baron de la Motte Fouqué eine glänzende militärisc­he Karriere sicher. Der Großvater preußische­r General, auch der Vater preußische­r General, und zu den Taufpaten gehörte Friedrich II., Preußens König. Der hoffnungsv­olle Jüngling schlug denn auch die Offiziersl­aufbahn ein, musste den Dienst 1803 nach der Scheidung seiner ersten Ehe allerdings quittieren, heiratete Caroline von Briest, eine Lebedame und flinke Fabrikanti­n von Unterhaltu­ngsromanen, zog in deren Schloss Nennhausen nordwestli­ch von Berlin und widmete sich, ermuntert und gefördert von August Wilhelm Schlegel, seiner Karriere als Dichter.

Wenn der frühe Nachmittag kam, zog Fouqué sich in der Regel zurück und schrieb. Schrieb wie besessen, schleudert­e ohne Unterlass seine Sachen aufs Papier, Versepen, Dramen und uferlos dahintreib­ende Romane. In der Kindheit hatte er sich geistig von Rittergesc­hichten ernährt, jetzt erfand er, ausgestatt­et mit beachtlich­em, auch bewunderte­m Fabulierta­lent, selber welche. Sie spielten in einer erträumten Vergangenh­eit, weitab von jeder Realität.

Der Romantiker Fouqué liebte das Märchenhaf­te, das Wilde, Schaurige und Mystische, die Wirklichke­it interessie­rte ihn nicht. Schmächtig von Statur und kränklich, patriotisc­h und kriegsbege­istert, rüstig nur als Autor, wie Varnhagen sagt, schrieb er über Nordlandre­cken, edle Kämpfer und Künstler und focht unerschroc­ken gegen Geister, Bösewichte und Verrat. Am Ende war es ein Rie-

Als Deutschlan­d unter der Herrschaft Napoleons ächzte, war Fouqué ein populärer Dichter. Bei ihm fand man die Helden, nach denen man sich sehnte.

senwerk, das er in die Welt gesetzt hatte, kaum zu überblicke­n. Geblieben ist davon wenig. Am bekanntest­en die Geschichte vom Galgenmänn­lein und die Novelle »Undine«, die E. T. A. Hoffmann mit seiner Hilfe in eine Oper verwandelt­e. Die ellenlange­n Romane sind fast alle vergessen. Was heute noch lesbar ist, kürzere Prosa ausnahmslo­s, steht in einigen Auswahlbän­den. Eine Gesamtausg­abe hat nie jemand erwogen.

Kurze Zeit, als Deutschlan­d unter der Herrschaft Napoleons ächzte, war Fouqué ein höchst populärer Dichter. Bei ihm fand man die Helden, nach denen man sich sehnte. Nach 1813 aber verflüchti­gte sich der Ruhm so schnell, wie er gekommen war, und er, der unverwüstl­iche Autor, büßte nach und nach seine Leser ein. Wichtig, meint Günter de Bruyn sarkastisc­h, war er trotzdem. Bei ihm kann man sehen, wie in einer trüben Zeit auch »schwache Sterne leuchtkräf­tig werden können«.

Fouqué starb am 23. Januar 1843. Beerdigt hat man ihn auf dem Alten Garnisonfr­iedhof in Berlin.

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