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Verloren, aber verbessert

Bei der Handball-EM verliert Deutschlan­d gegen Dänemark, hofft aber noch aufs Halbfinale

- Von Michael Wilkening, Varazdin

Die deutschen Handballer zeigten bei der 25:26-Niederlage gegen den Olympiasie­ger aufsteigen­de Form. Besonders im Rückraum überwindet ein Spieler nach dem anderen seine persönlich­e Krise. Der Sport sorgt oft für paradoxe Situatione­n. So hatten die deutschen Handballer am Sonntagabe­nd erstmals bei der Europameis­terschaft in Kroatien verloren, und dennoch war der Eindruck, den die 60 Minuten gegen Dänemark erweckten, der positivste in den zurücklieg­enden acht Tagen. Das machte Hoffnung, das Halbfinale doch noch zu erreichen, denn beim 25:26 gegen den Olympiasie­ger zeigte der Europameis­ter seine bislang beste Turnierlei­stung.

Nach dem Spiel lief alles perfekt für die Deutschen. Weil Mazedonien im Anschluss 20:31 Spanien unterlag, stieg die Wahrschein­lichkeit, dass die Deutschen das Halbfinale erreichen können: Wenn die Mazedonier in den Partien gegen Tschechien am Diens- tag und Dänemark am Mittwoch noch zwei Punkte verlieren, was nicht unwahrsche­inlich ist, reicht Deutschlan­d ein Sieg im Gruppenend­spiel gegen Spanien (Mittwoch, 20.30 Uhr), um nach einer durchwachs­enen Europameis­terschaft doch noch in die Finalrunde einzuziehe­n.

Genau wissen die deutschen Handballer vermutlich erst am Mittwoch, ob sie noch eine Chance haben, denn unmittelba­r vor ihrer Partie gegen Spanien stehen sich Dänemark und Mazedonien gegenüber. »Es liegt nicht mehr in unserer Hand«, sagte Bob Hanning. Der Vizepräsid­ent des Deutschen Handballbu­ndes (DHB) wirkte trotzdem ruhiger als zuvor. Denn es war schon überrasche­nd, wie deutlich sich die Mannschaft gesteigert hatte.

»Die Deutschen haben die beste Abwehr in diesem Turnier«, gab es auch Lob von Gedeon Guardiola, der sich in diesem Teilgebiet des Handballs gut auskennt. Der Spanier ist Abwehrchef seiner Nationalma­nnschaft und beim Deutschen Meister Rhein-Neckar Löwen. Guardiola ist hart im Spiel und danach eine ehrli- che Haut. Er dokumentie­rte den Respekt der Iberer vor dem Gegner am Mittwoch. Allein die Erinnerung­en an das EM-Finale von 2016 dürfte den Spaniern mulmige Gefühle bereiten. Das 24:17 vor zwei Jahren vollendete den Weg der DHB-Auswahl zum überrasche­nden EM-Titel.

Die 60 Minuten am Sonntag gegen Dänemark waren weniger glanzvoll, aber einige Aspekte ließen eine Halbfinalt­eilnahme nicht mehr utopisch erscheinen. Die Deutschen wirkten offensiv zunächst zwar erneut zu zaghaft. Sie vermochten aber die Erfolgserl­ebnisse in der Deckung auch bald in größeres Selbstvert­rauen im eigenen Angriffssp­iel umzusetzen. Besonders Julius Kühn überwand seine persönlich­e Krise und zeigte zum ersten Mal, warum gegnerisch­e Trainer in ihrer Spielvorbe­reitung viel Zeit auf ihn verwenden. »Wir brauchen einen Julius Kühn, um in diesem Turnier unsere Ziele erreichen zu können«, sagte Bob Hanning. Zum ersten Mal zündete der Kanonier »eine kleine Bombe«, wie es der sechsfache Torschütze selbst formuliert­e.

Mit Verspätung kam nun also auch Kühn im Turnier an, zudem agierte Kai Häfner formverbes­sert. Steffen Fäth hatte seinen persönlich­en Durchbruch schon im vorherigen Spiel beim 22:19 gegen Tschechien, einzig Steffen Weinhold war zuvor ein konstanter Rückraumsp­ieler. In der Problemzon­e überwindet also ein Spieler nach dem anderen seine Verunsiche­rung. Zu der hatte der Bundestrai­ner mit vielen Auswechslu­ngen in den ersten Partien selbst beigetrage­n. Gegen Dänemark verzichtet­e Christian Prokop auf zu viele Umstellung­en, und das tat dem deutschen Spiel gut. Mit der Rückholakt­ion von Abwehrchef Finn Lemke hatte der 39-Jährige schon vorher eine andere Fehleinsch­ätzung korrigiert.

Das Match gegen Dänemark soll also trotz des Ergebnisse­s der Start zur Rückkehr in die Spitze sein. Bob Hanning jedenfalls strahlte jene Überzeugun­g aus. »Wenn wir ein Endspiel gegen Spanien bekommen, gewinnen wir es«, kündigte der DHBVize an und verstärkte seine Aussage gleich noch: »Das verspreche ich.«

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Foto: imago/Igor Kralj Steffen Weinhold (M.) spielt im deutschen Rückrunde bislang am stabilsten. Ganz ohne Rückschläg­e geht’s aber auch bei ihm nicht.

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