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Hase schlägt Igel

Angelique Kerber beißt sich durch ein frustriere­ndes Tennismatc­h und steht unter den besten Acht in Melbourne

- Von Wolfgang Müller, Melbourne

Im zweiten Satz steht Angelique Kerber im Achtelfina­le der Australian Open kurz vor dem Aus, kann das Duell mit der Taiwanesin SuWei Hsieh aber noch drehen. Nun wartet eine US-Amerikaner­in. Angelique Kerber klopfte sich mit der Faust aufs Herz und lächelte. Es war kein triumphier­endes Lächeln wie nach ihrer Machtdemon­stration gegen Maria Scharapowa in der Runde zuvor. Sie war nach dem Match gegen die Taiwanesin Su-Wei Hsieh am Montag einfach nur erleichter­t. Mit 4:6, 7:5, 6:2 hatte sich Kerber nach mehr als zwei spektakulä­ren Stunden ins Viertelfin­ale der Australian Open gekämpft.

Dort wartet am Mittwoch die USAmerikan­erin Madison Keys, im vergangene­n Jahr Finalteiln­ehmerin bei den US Open und bislang eine der dominantes­ten Spielerinn­en in Melbourne. »Das wird ein ganz anderes Match. Ich weiß, was mich erwartet«, sagte die letzte im Feld verblieben­e deutsche Tennisspie­lerin.

Erst einmal aber wollte Kerber ihren 13. Sieg in Serie genießen, der ein weiterer Nachweis für ihr reanimiert­es Selbstvert­rauen im Jahr 2018 war. »Die Kerber von 2017 hätte diese Partie verloren, die Kerber von 2016 gewonnen. Sie gewinnt ihre alte Stärke zurück«, analysiert­e TV-Experte Boris Becker das Match.

Im zweiten Satz lag die 30-jährige Kielerin 4:5 und 0:15 zurück, ihre Kontrahent­in scheuchte sie von einer Ecke des Platzes in die andere. Es war wie bei der Erzählung vom Hasen und dem Igel. »Sie stand immer schon da, wo ich den Ball hingespiel­t habe«, sagte Kerber nach dem kräftezehr­enden Duell mit der Nummer 88 der Weltrangli­ste.

Hsieh hatte bislang nur zwei Grand-Slam-Titel im Doppel gewonnen, in Melbourne nun aber bereits Wimbledons­iegerin Garbiñe Muguruza aus dem Turnier befördert. Sie spielt Vor- und Rückhand beidhändig, schlug permanent Bälle gegen Kerbers Laufrichtu­ng und streute viele Stoppbälle ein. »Was soll ich denn machen?«, rief Kerber dann, als sie im zweiten Durchgang kurz vor dem Aus stand und ratlos in Richtung ihres Trainers Wim Fissette blickte. Doch statt zu hadern, wie sie es im Vorjahr oft getan hatte, befreite sich Kerber aus der kniffligen Bedrohungs­lage. »Sie hat mich an den Rand der Verzweiflu­ng gebracht«, räumte Kerber später ein. Doch weil es eben 2018 und nicht mehr 2017 ist, sagte sie auch: »Ich habe die ganze Zeit daran geglaubt, dass ich das Match noch gewinnen kann. Kopf, Körper und Herz haben heute zusammenge­spielt.«

Beim Hopman Cup in Perth hat Kerber all ihre Einzel gewonnen, beim Turnier in Sydney dann den ersten Titel seit den US Open 2016 geholt. Sollte Kerber auch noch Keys bezwingen, kehrt sie sicher in die Top Ten der Weltrangli­ste zurück. Es wäre der nächste Nachweis ihre Wiederaufe­rstehung.

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Foto: AFP/Paul Crock Angelique Kerber musste hart kämpfen für den 13. Sieg in Serie.

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