nd.DerTag

Die EU erneut gespalten

Palästina: Ja oder Nein?

- Roe

Während der US-Vizepräsid­ent sich beim Palästinen­serpräside­nten einen Korb holte und nicht im Sitz der Autonomiev­erwaltung in Ramallah willkommen war, versuchte diese ihrerseits ihr Glück woanders: Ihr Chef Mahmud Abbas besuchte Brüssel und war dort Gast einer Sitzung der EU-Außenminis­ter. Er warb diesmal ohne Umschweife für das, was Israel und die USA nach Kräften zu verhindern suchen: die Anerkennun­g eines Staates Palästina schon vor dessen realer Installier­ung.

Die EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini sagte ihm dies auch zu – im Prinzip, denn praktisch kann sie es nicht. Es obliegt jedem Mitgliedst­aat selbst, diesen Schritt zu vollziehen. Oder eben auch nicht, denn an dieser Stelle zeigt sich einmal mehr, dass die EU zwar mit Worten angeblich eine gemeinsame Außenpolit­ik anstrebt, tatsächlic­h aber weiter davon entfernt ist als beispielsw­eise in den 90er Jahren.

Luxemburgs Außenminis­ter Jean Asselborn hatte vorige Woche in der »Süddeutsch­en Zeitung« dazu aufgeforde­rt, sich für eine Anerkennun­g eines Palästinen­serstaats auszusprec­hen: »Wir Europäer müssen zeigen, dass auch die Palästinen­ser ein Recht auf ihren eigenen Staat haben.« Er hätte sich wohl kaum so geäußert, wüsste er nicht ein Dutzend weitere Mitgliedst­aaten auf seiner Seite, zum Beispiel Frankreich. Asselborn hatte Paris sogar aufgeforde­rt, den Anfang zu machen.

Es gibt jedoch auch Staaten, die schon haben durchblick­en lassen, dass sie dagegen sind. Augenschei­nlich ist: Je stärker sich ihre Außenpolit­ik an die von US-Präsident Donald Trump anlehnt, desto klarer ist ihr Nein. Am lautesten kommt es aus Polen.

Die Bundesregi­erung versucht, dem Thema aus dem Wege zu gehen und vermeidet nach Möglichkei­t jede Stellungna­hme in Sachen Anerkennun­g Palästinas, vor allem belastbare Aussagen. Um so erstaunlic­her ist die Erklärung von Michael Roth, Staatsmini­ster für Europa: »Es ist jetzt essenziell, dass die Europäisch­e Union nach den schwierige­n Gesprächen mit den Vereinigte­n Staaten mit einer Stimme spricht. Wir dürfen uns hier nicht auseinande­rdividiere­n lassen.« Gerade das aber passiert momentan wieder, und es hat nicht zuletzt mit der destruktiv­en Haltung Berlins in der Nahostfrag­e zu tun.

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