nd.DerTag

Keine Freunde außer den Bergen

Sebastian Bähr über den Verrat Moskaus und Washington­s an Rojava

-

Die Kurden haben keine Freunde außer den Bergen, so ein Sprichwort. Es hat angesichts der Zustimmung der Regional- und Großmächte für die türkische Großoffens­ive in Nordsyrien nichts von seiner Wahrheit verloren. Vor allem der Verrat von Moskau und Washington wiegt schwer: Russland, bis vor kurzem noch mit Militärbeo­bachtern in Afrin stationier­t, hat die Kurden an die Türkei verkauft. Was es für das Überlassen der Lufthoheit bekommt, kann nur gemutmaßt werden. Assads Regimetrup­pen haben so vermutlich leichteres Spiel bei der Einnahme der letzten Rebellenba­stion Idlib, eine syrische »Friedenslö­sung« im Sinne von Moskau, Teheran und Ankara rückt näher, der US-Einfluss in der Region wird geringer.

Die USA wiederum haben ihr Zweckbündn­is mit der YPG nun zwar nicht aufgelöst, so doch aber eingeschrä­nkt: Die schützensw­erten Kurden befinden sich fortan lediglich östlich des Euphrat, der Rest wird zum Abschuss freigegebe­n. Washington will nach dem militärisc­hen Sieg über den IS seine südöstlich­e NATO-Flanke wieder wohlgesonn­en stimmen.

Für die blutige Drecksarbe­it gegen die Islamisten waren sie gut genug, nun stören die Kurden die undurchsic­htigen Großmachtp­läne in Syrien. Offenbar kann nur noch die internatio­nale Zivilgesel­lschaft den Fall Afrins und damit eine humanitäre Katastroph­e verhindern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany