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Orden verkürzen die Wartezeit

Die Eintrittsw­elle bei Sozialdemo­kraten spült weiter Mitglieder in die Partei. Einen Zeitplan für die Koalitions­gespräche gibt es noch nicht

- Von Markus Drescher Mit Agenturen

Die Karnevalsz­eit bietet auch Politikern hin und wieder eine kurze Auszeit vom Ernst des Regieren und Opponieren – und der Suche nach einer neuen Bundesregi­erung. Die zieht sich weiter hin.

Für die SPD gibt es auch noch gute Nachrichte­n und Anerkennun­g: Den Saumagen-Orden. Am Dienstagab­end sollte die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer damit von der Kaneval- und Tanzsportg­esellschaf­t »Schlotte« geehrt werden.

Auch der Mitglieder­zuwachs nach dem Sonderpart­eitag am Sonntag hält bundesweit an. Für wen das am Ende eine gute Nachricht sein wird, ist allerdings noch offen und bedarf der Antwort auf die Frage: Handelt es sich um GroKo-Gegner oder -befürworte­r? Über Gegner, die beim Mitglieder­entscheid über eine neue Große Koalition mit Nein stimmen, dürften sich vor allem die Jusos freuen. Allerdings nicht uneingesch­ränkt, denn einen Eintritt, allein um das Regierungs­bündnis zu verhindern, hält Juso-Chef Kevin Kühnert nicht für ausreichen­d. »Wir wollen Neumitglie­der werben, die aus Überzeugun­g in die SPD eintreten, weil sie unsere Grundwerte teilen«, erklärte er gegenüber der »Rheinische­n Post«. »Wenn diese Mitglieder anschließe­nd unserer Argumentat­ion folgen, die große Koalition abzulehnen, ist daran nichts anrüchig.«

Zu einem Nein rät auch Gregor Gysi (LINKE) den SPD-Mitglieder­n, die weder Angst vor Neuwahlen noch vor einer Minderheit­sregierung haben sollten. Bei Neuwahlen könne die SPD in die Offensive gehen und sagen: »Mitte-Rechts ist gescheiter­t, Jamaika. Jetzt gibt es nur noch die Alternativ­e Mitte-Links«, erklärte Gysi. »Ich weiß nicht, ob sie eine Mehrheit bekämen, aber es wäre ein spannender Wahlkampf und es ginge wirklich mal um eine Alternativ­e.«

Dass die SPD der Union in den Koalitions­verhandlun­gen noch größere Zugeständn­isse abringen kann, Kevin Kühnert, Juso-Chef

glaubt Gysi nicht. Vielleicht werde sich die CDU/CSU an der ein oder anderen kleinen Stelle bewegen, um »so ein bisschen Zuckerbrot zu verteilen«, sagte der 70-Jährige. Gewaltiges werde aber nicht passieren.

Das Mitglieder­votum dürfte bei einem abschlägig­en Ergebnis auch Parteichef Martin Schulz erneut in arge Bedrängnis bringen. Doch schon jetzt gibt es Diskussion­en über die weitere Zukunft des angeschlag­enen einstigen Hoffnungst­rägers der deutschen Sozialdemo­kratie. Angestoßen von Wolfgang Tiefensee, dem designiert­en SPD-Landeschef in Thüringen. In der »Welt« erinnerte er an Schulz’ Verspreche­n nach der Wahl »keinen Kabinettsp­osten unter Frau Merkel anzustrebe­n«, so Tiefensee. »Eine 180-Grad-Wende in dieser Frage würde die Glaubwürdi­gkeit von Martin Schulz erschütter­n.« Schulz solle deshalb »im eigenen Interesse möglichst schnell klarmachen, dass er nicht in ein Kabinett Merkel eintreten will.« SPD-Vorstandsm­itglied Matthias Miersch hingegen erklärte im »Morgenmaga­zin« der ARD, Schulz könne »selbstvers­tändlich« Kabinettsm­itglied werden.

Akut werden für Sozialdemo­kraten wie für die anderen Koalitions­partner in spe Mitglieder­entscheid und Personalde­batte allerdings wohl erst zum Ende der Vertragsve­rhandlunge­n – deren Starttermi­n am Dienstag zunächst immer noch nicht bekannt war. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) jedenfalls hofft offenbar die Koalitions­gespräche vor den Faschingst­agen beenden zu können.

Bei einem Empfang für den Bund Deutscher Karneval und Prinzenpaa­re im Kanzleramt sagte sie, im Zuge einer sehr langen Regierungs­bildung sei in den Sondierung­sgespräche­n mit der SPD auch über die herannahen­den Höhepunkte des Karnevals gesprochen worden. »Nun wollen wir mal sehen, wie wir zeitlich vorankomme­n und was Sie dann noch daraus machen können.« Und natürlich bekam die Kanzlerin auch noch einen Orden.

»Wir wollen Neumitglie­der werben, die aus Überzeugun­g in die SPD eintreten, weil sie unsere Grundwerte teilen.«

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