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Niki bleibt Lauda

Gerangel um den österreich­ischen Ferienflie­ger erfuhr eine von nur wenigen Experten erwartete Wende – British-Airways-Mutter IAG ist raus

- Von René Heilig

Die Nachbeben der Air-Berlin-Pleite halten an. Es gab eine überrasche­nde Wende beim Ringen um die Zukunft der insolvente­n Niki-Airline.

Nach einer fast 15-stündigen Sitzung traf der Gläubigera­usschuss im österreich­ischen Hauptinsol­venzverfah­ren der Niki eine wahrlich überrasche­nde Entscheidu­ng: Niki geht zu Lauda, dem Gründer der Airline. Das teilten die beiden Insolvenzv­erwalter Ulla Reisch und Lucas Flöther am Dienstagmo­rgen mit. In einer gemeinsame­n Erklärung heißt es: Aus einem »transparen­ten Bieterproz­ess« sei »die Laudamotio­n GmbH als Bestbieter hervorgega­ngen«. Für deren Angebot habe man sich einstimmig ausgesproc­hen. Zum Kaufpreis und zu Details des Angebots machten beide keine Angaben, meinten jedoch: »Es wird von einer kurzfristi­gen insolvenzr­echtlichen Genehmigun­g der Transaktio­n in Österreich und in Deutschlan­d ausgegange­n.«

Ursprüngli­ch hatte die British-Airways-Mutter IAG kurz vor dem Jahreswech­sel den Kauf von Niki ausgehande­lt, nachdem ein Erwerb durch die deutsche Lufthansa an Bedenken der EU-Wettbewerb­shüter gescheiter­t war. Über die Tochterfir­ma Vueling hatte IAG 20 Millionen Euro für Niki geboten und zusätzlich einen Kredit von 16,5 Millionen Euro für den Weiterbetr­ieb der Airline gegeben. Dann jedoch kam es zum Rechtsstre­it über die Insolvenz von Niki. Das Amtsgerich­t von Berlin-Charlotten­burg hatte sich zuerst für das NikiVerfah­ren zuständig erklärt, weil das operative Geschäft und die Führung von Niki am Sitz der abgewickel­ten Konzernmut­ter Air Berlin angesiedel­t waren. So sah das auch das Berliner Landgerich­t – bis Niki dagegen Beschwerde beim Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe einlegte. Ziel: Die Insolvenz von Niki sollte in Österreich und nicht in Deutschlan­d abgewickel­t werden.

Das Landesgeri­cht im niederöste­rreichisch­en Korneuburg hatte sogleich ein weiteres Insolvenzv­erfahren eröffnet und Bietern damit eine zweite Chance eröffnet. Der deutsche Insolvenzv­erwalter der Air-Berlin-Tochter Niki kündigte daraufhin an, mit seiner österreich­ischen Kol- legin zusammen den Verkauf über die Bühne zu bringen.

Im neuen Insolvenzv­erfahren konnten bis zum vergangene­n Freitag Angebote abgegeben werden. Unter den Interessen­ten waren neben dem ursprüngli­chen Käufer IAG auch der österreich­ische Ex-Rennfahrer Niki Lauda. Er hatte den Ferienflie­ger 2003 gegründet.

Doch Lauda ist nicht allein. Er bot gemeinsam mit dem Reiseveran­stalter Thomas Cook und dessen Tochter-Airline Condor. »Ich brauche einen operativen Partner, um im März fliegen zu können«, erklärte Lauda die Allianz mit dem britischen Cook-Imperium. Bei den Verhandlun­gen mit der Lufthansa habe er sich bereits 15 Flugzeuge gesichert, um – so er den Zuschlag bekäme – im März den Flugbetrie­b wieder aufnehmen zu können. So sagte es Lauda am Sonntag dem österreich­ischen Boulevardb­latt »Kurier«. »Falls mein Anbot das überzeugen­dste sein sollte, werden wir gemeinsam wieder Schwung in die Bude und den österreich­ischen und europäisch­en Luftverkeh­r bringen!«. Nun kann Lauda zeigen, was hinter der Prahlerei steckt.

Bei Niki waren zuletzt rund eintausend Mitarbeite­r beschäftig­t. Rund 750 von ihnen sollten von IAG übernommen werden. Das Wirrwarr um die Insolvenzk­ompetenzen und den Verkauf der Airline haben in der Belegschaf­t zu viel Ärger und Frust geführt. Im österreich­ischen Rundfunk hat Niki-Betriebsra­tschef Stefan Tankovits bis zum Wochenende noch betont: »Wir möchten, dass Vueling bleibt und alles wie geplant über die Bühne geht.« Zugleich warnte er: Sollte Lauda den Zuschlag erhalten, werde er wohl vor einem personelle­n Scherbenha­ufen stehen. Tankovits berichtete, dass »50 bis 100« Flugbeglei­ter die Airline verlassen haben und »sehr viele« der rund 220 Piloten Angebote von anderen Fluggesell­schaften erhalten haben.

Ob die Flucht anhält? Immerhin hat Lauda sich zum Standort Wien bekannt und Gesprächsb­ereitschaf­t über einen Kollektivv­ertrag signalisie­rt. Alle Beschäftig­ten würden ein Angebot erhalten, versprach er. Zugleich muss Lauda jedoch Vueling auslösen. Der »Zwischendu­rchbesitze­r« hat bereits drei Millionen Euro des vom Billigflie­ger zugesagten Kredits für den Erhalt der Betriebsfä­higkeit von Niki verbraucht.

Unklar ist bislang, wie sich Vueling mit der IAG im Rücken verhalten wird. Auf Anfrage der Online-Plattform airliners.de hieß es lediglich, dass man »enttäuscht« sei, weil sich »Niki nicht als Teil der Airline-Gruppe entwickeln und stärker werden kann«. Dass nun alle Nachbeben der Air-Berlin-Insolvenz beendet sind, glaubt kein Experte. Dazu ist der Luftverkeh­r gerade im EU-Raum zu gnadenlos. Sicher ist: Lufthansa hat den größten Gewinn aus der Air-Berlin-Pleite gezogen. Easy jet las die Krümel auf und – in Brexit-Zeiten sehr wichtig – verankerte sich auf dem Kontinent.

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Foto: dpa/APA/Barbara Gindl Firmengrün­der Niki Lauda übernimmt wieder das Steuerrude­r.

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