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Biblische Gewächse am Wutzsee

In Lindow entsteht mit dem »Garten des Buches« eine interrelig­iöse Begegnungs­stätte

- Von Jérôme Lombard

Ein Garten mit Pflanzen, die in Bibel, Tora und Koran vorkommen, als Ort des interrelig­iösen Dialogs: Dieses Projekt wird derzeit in Lindow realisiert. Mit 175 000 Euro ist die Finanzieru­ng gesichert.

Lindow im Landkreis Ostprignit­zRuppin ist ein verträumte­s Städtchen. Eingebette­t in den Naturpark Stechlin-Ruppiner Land, dürfte Lindow vor allem ruhesuchen­den Großstädte­rn und naturliebe­nden Joggingfre­unden, die die acht Kilometer um den angrenzend­en Wutzsee auf sich nehmen wollen, ein Begriff sein. Dem ein oder anderen kulturgesc­hichtlich Interessie­rten fällt bei dem Namen Lindow sicherlich auch die Ruine des um 1230 errichtete­n Zisterzien­serinnenkl­osters ein, die im Ort zu besichtige­n ist.

Bald schon dürfte es deutlich mehr Besucher als bisher an den Wutzsee ziehen. In Lindow entsteht derzeit ein in der Region bislang einmaliges Projekt: Auf dem historisch­en Klostergel­ände hinter der Ruine ist der »Garten des Buches« als Ort der interrelig­iösen Begegnung in Planung.

Horst Borgmann, Vorsitzend­er des Stiftkapit­els Kloster Lindow, berichtet, worum es dabei geht: »In unserem Garten wollen wir Pflanzen gedeihen lassen, die gleicherma­ßen in der Bibel, der Tora und dem Koran erwähnt werden.« Schilder mit Versen aus den drei heiligen Büchern sollen Pflanzen wie Mandel, Apfel oder Zeder in ihren jeweiligen religiösen Kontexten erklären.

»Alle drei Buchreligi­onen sollen sich in diesem Garten der gemeinsame­n Dialogs willkommen und zu Hause fühlen«, sagt Borgmann. Immerhin würden sich doch alle drei Religionen auf Gründervat­er Abraham berufen. »Wir haben so viel gemeinsam. Aber in den aktuell aufgeheizt­en Debatten werden immer nur Gegensätze heraufbesc­hworen«, sagt der 75-jährige evangelisc­he Theologe.

Der gebürtig aus Dresden stammende Borgmann, der seine Kindheit und Jugend in Lindow verbrachte und inzwischen in Berlin wohnt, hatte die Idee für den Begegnungs­garten. Das Stiftskapi­tel fand das Projekt klasse und tat sich sogleich nach Finanzieru­ngsmöglich­keiten um. Auch in der Stadtverwa­ltung von Lindow schätzt man Borgmanns Engagement.

Inzwischen sind 175 000 Euro zusammenge­kommen. Damit steht der Garten in unmittelba­rer Nähe zum Ufer des Wutzsees auf soliden Füßen. Der Löwenantei­l der Finanzieru­ng stammt aus Mitteln eines Pro- gramms der Europäisch­en Union zur Förderung struktursc­hwacher ländlicher Räume. »In Berlin und Brandenbur­g brauchen wir viel mehr Austausch zwischen den Religionen. Bislang passiert hier eindeutig zu wenig«, meint Borgmann. In Berlin entstehe zwar mit dem »House of One« eine überaus symbolträc­htige und wichtige interrelig­iöse Begegnungs­stätte. Ihn störe bei dem Projekt aber die Tatsache, dass Christen, Juden und Muslime zukünftig unter einem Dach beten sollen, Kirche, Synagoge und Moschee aber dennoch in getrennten Bereichen des Gebäudes untergebra­cht sein sollen, erläutert er. »In unserem Garten sind alle drei Re- ligionen zusammen und gleichbere­chtigt vertreten.«

Es habe ihn sehr gefreut, dass zum ersten Spatenstic­h im vergangene­n Sommer neben dem Potsdamer Rabbiner Nachum Presman auch ein Vertreter der muslimisch­en Gemeinde dabei war. »Ich hoffe, dass Juden, Muslime und Christen in diesem Garten gut zusammenle­ben können«, hatte Rabbiner Presman damals gesagt. Wenn alles nach Plan läuft, kann im Februar mit der Rodung der Bäume auf dem Areal begonnen werden. Ab Herbst soll es dann mit der Bepflanzun­g losgehen. Anfang 2019 soll der »Garten des Buches« seine Pforten für Besucher öffnen.

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Abb.: Horst Borgmann So soll der »Garten des Buches« nach Fertigstel­lung einmal aussehen.

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