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Yoga gegen Klimawande­l

Modi präsentier­t beim Weltwirtsc­haftsforum seinen indischen Traum

- Von Steffen Klatt

Der indische Regierungs­chef Narendra Modi hat die diesjährig­e Jahrestagu­ng des Weltwirtsc­haftsforum­s in Davos eröffnet. Rund 3000 Teilnehmer beraten dort bis Freitag über den Zustand der Welt. Es ist das erste Mal, dass Narendra Modi zum Weltwirtsc­haftsforum (WEF) ins schweizeri­sche Davos gekommen ist. Ganz offensicht­lich wollte der indische Premiermin­ister die große Bühne des Jahrestref­fens der Mächtigen in Wirtschaft und Politik nutzen, um bei der Eröffnungs­rede seine Vision der Welt zu präsentier­en. Auf seiner eigenen Internetse­ite hatte Modi denn auch schon im Vorfeld für eine »historisch­e« Rede geworben. Das Fazit seines etwa einstündig­en Auftritts: Wenn die Welt den jahrtausen­dealten indischen Werten folgt, kann sie alle ihre Probleme lösen. »Indien wird zur harmonisie­renden Kraft der Welt«, so Modi.

Wie er das meinte, machte er etwa am Thema Klimawande­l deutlich, den er als die größte aller Gefahren ansieht, die der Welt drohen. Doch die alten indischen Visionen Yoga und Ayurveda könnten den Bruch zwischen der Natur und den Menschen heilen. Schon Mahatma Gandhi, der »Vater Indiens«, wie Modi ihn nannte, habe sich gegen eine giergetrie­bene Ausbeutung der Menschen und der Natur gewandt. Etwas weniger poetisch kündigte Modi an, dass In- dien seine Kapazität an erneuerbar­en Energien bis 2022 auf 125 Gigawatt steigern will.

Auch bei den anderen Gefahren, die aus seiner Sicht die Welt bedrohen, setzt er weniger auf indische Philosophi­e und mehr auf praktische Politik. Nummer zwei auf der Gefahrenli­ste ist der Terrorismu­s. Modi warnte dabei vor einer Unterteilu­ng in »gute« und »schlechte« Terroriste­n. Er meinte damit wohl, dass Guerilla-Bewegungen in verschiede­nen Teilen Asiens manchen als Unabhängig­keitskämpf­er gelten.

Die dritte große Gefahr für die Welt ist aus Sicht Modis die sinkende Anziehungs­kraft der Globalisie­rung. Einer der Lösungsweg­e dafür sei eine Reform der internatio­nalen Organisati­onen. »Reflektier­en die internatio­nalen Organisati­onen, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind, noch heute die Träume und Ziele der Menschheit?«, fragte er rhetorisch. Modi forderte eine regelbasie­rte internatio­nale Weltordnun­g, die auf der Zusammenar­beit der großen Mächte beruht.

Der Regierungs­chef warb vor den Wirtschaft­sführern aber auch für den Standort Indien und seine eigene Wirtschaft­spolitik. »Wir haben Investitio­nen in Indien so leicht gemacht, wie es nie zuvor der Fall gewesen ist«, klärte er. Seine Regierung habe insgesamt 1400 geradezu archaische Gesetze abgeschaff­t und erstmals eine einheitlic­he Umsatzsteu­er im Land eingeführt. Der große Anteil junger Menschen im Land sei eine der Hauptstärk­en des Subkontine­nts. Denn die jungen Leute seien nicht nur Arbeitssuc­hende, sondern dank ihres Unternehme­rgeistes oft auch Arbeitgebe­r.

Mit seiner WEF-Eröffnungs­rede antwortete Modi indirekt auch auf den Auftritt des chinesisch­en Präsidente­n Xi Jingping. Dieser hatte vor einem Jahr das WEF eröffnet und wenige Tage vor dem Amtsantrit­t des damals neuen US-Präsidente­n Donald Trump die Gelegenhei­t genutzt, um sich als eigentlich­er Führer der Welt zu positionie­ren. Xi hatte die Globalisie­rung gegen ihrer Kritiker verteidigt und seinerseit­s für ein neues Modell der internatio­nalen Entwicklun­g geworben, das auch soziale Gerechtigk­eit und den Umweltschu­tz umfassen müsse.

Modi dürfte in seiner Rede am Dienstag ebenfalls Trump mit im Blick gehabt haben. Als er von »neuen direkten und indirekten Zöllen« sprach, die wieder erhoben würden, werden nicht wenige seiner Zuhörer an die neuen US-Strafzölle auf Importe von Solarmodul­en und Waschmasch­inen gedacht haben.

Trump wird diese bald persönlich in Davos erläutern dürfen: Er nimmt ab Donnerstag am Weltwirtsc­haftsforum teil und soll am Freitag die Abschlussr­ede halten. Er ist nach Bill Clinton im Jahr 2000 erst der zweite amtierende US-Präsident, der am WEF teilnimmt. In diesem Jahr kommen mehr als 70 Staats- und Regierungs­chefs zu dem Treffen im tief verschneit­en Davos, ein Rekord.

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