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Das braune Netzwerk

»Gruppe Freital« war mit anderen Gruppen verquickt

- Von Hendrik Lasch

Der Angriff erfolgte kurz vor dem ersten Jahrestag von Pegida und wurde am 18. Oktober 2015 über zwei Flanken vorgetrage­n. Nazis der »Freien Kameradsch­aft Dresden« (FKD) rückten von vorn auf das Hausprojek­t »Mangelwirt­schaft« in der Dresdner Overbeckst­raße vor. Sie deckten die Fassade mit einem Steinhagel ein. Die »Gruppe Freital« pirschte sich, so wie man zuvor im Detail besprochen hatte, von der Rückseite an das alternativ­e Wohnprojek­t heran. Das Ziel: Fenster zerschlage­n und Sprengkörp­er im Haus zünden: Böller der Typen Supercobra 6 und 12, deren mörderisch­e Wirkung mit Flaschen voll Buttersäur­e verstärkt wurde. Nur, weil sich die doppelten Kastenfens­ter als hartnäckig erwiesen, wurden sie außerhalb des Hauses gezündet.

Die Attacke zeigt, mit welcher Brachialit­ät die »Gruppe Freital« im fünften Monat ihres Bestehens bereits vorging – und sie verdeutlic­ht, wie eng diese bei Bedarf mit anderen Gruppen kooperiert­e. Die Kontakte zwischen der Gruppe Freital und FKD waren bei den Ausschreit­ungen vor einem als Flüchtling­sunterkunf­t geplanten Baumarkt in Heidenau geknüpft worden. Gemeinsame Sache machte man danach bei Attacken auf Flüchtling­sunterkünf­te in der Dresdner Podemusstr­aße; zudem sah man sich bei einer AfD-Demo in Pirna, bei Pegida – und nicht zuletzt bei den Nazi-Ausschreit­ungen im linksalter­nativen Leipziger Viertel Connewitz im Januar 2016. Dort verbündete man sich mit Hooligans, »Martial Arts«-Sportlern und weiteren Kameradsch­aften nicht nur aus Sachsen. Es handle sich um ein überregion­ales Netzwerk, innerhalb dessen sich die Nazis »als Teil von etwas Größerem fühlen« konnten, sagt Alexander Hoffmann, der im Prozess gegen die »Gruppe Freital« Bewohner einer Flüchtling­swohnung vertritt.

Nicht nur Hoffmann hätte sich gewünscht, dass diesem »Netz militanter, terroristi­scher Organisati­onen« in dem Prozess mehr Aufmerksam­keit gewidmet wird: »Das hätte man aufklären können und müssen«, sagt er – und zwar am Fall der »Mangelwirt­schaft«. Dazu ist es aber nicht gekommen. Dem Netzwerk wird keine gesonderte Aufmerksam­keit geschenkt; auch in Prozessen gegen FKD-Mitglieder, die laufen oder bereits abgeschlos­sen sind, spielt das Thema allenfalls am Rand eine Rolle. Die Anregung der Nebenklage, die Attacke auf die Mangelwirt­schaft als Tötungsdel­ikt zu bewerten, griff die Bundesanwa­ltschaft nur vorübergeh­end auf. Folgt dem auch das Gericht, wäre das nach Ansicht Hoffmanns ein fatales Signal für ähnliche linke Hausprojek­te.

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