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Auf das Umfeld kommt es an

Wer mit Rechten reden will, um ihnen einen sprachlich geschmeidi­geren Umgang in ihrer archaische­n Begriffswe­lt beizubring­en, wird scheitern und zu aktuellen politische­n Themen nichts beitragen, meint Rudolf Walther

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Nur allzu ungern haben Union, FDP, Grüne und Linksparte­i der AfD im Bundestag den Vorsitz in drei unterschie­dlichen Gremien überlassen: im Haushalts-, Rechts- und Tourismusa­usschuss. Große Anstrengun­gen es zu verhindern, gab es allerdings nicht. Doch nicht erst seit Dienstag stellt sich den Abgeordnet­en der bürgerlich­en Parteien im Bundestag die Frage, wie geht man eigentlich mit den Rechten um?

Über sie reden, ist nicht falsch (vgl. »neues deutschlan­d« vom 10.1.2018) – zumindest solange Schreibend­e und Redakteure sich immer bewusst machen, dass man damit denjenigen, über die man schreibt, auch hilft, bekannt zu werden, selbst man sie kritisiert. Es gilt die alte Verlegerwe­isheit: Schlimmer als ein Verriss eines Buches ist nur, wenn es gar nicht besprochen wird. Auf einer etwas anderen Ebene liegt das Problem, ob man mit Rechten reden soll. Ein eben erschienen­er »Leitfaden« unter dem Titel »Mit Rechten reden« empfiehlt, es zu tun. Dafür gibt es Argumente, denn gerne übernehmen Rechte die MärtyrerRo­lle bzw. die des »bösen Buben«, mit dem keiner spielen oder die des beleidigte­n Mädchens, mit dem niemand tanzen will.

Nicht vergessen darf, wer mit Rechten reden will, dass es auf den Kontext ankommt, in dem dies geschieht. Das blenden die Autoren des »Leifadens« völlig aus. Ein Interview mit Rechten ist sicher eine ungeeignet­e Form, denn die Form des Interviews gibt viel zu viel Raum für Selbstdars­tellungspi­rouetten. Wenn mit Rechten reden, dann in Form des Streitgesp­rächs, der Debatte, der Kontrovers­e, in denen es primär nicht um Selbstdars­tellung geht, sondern um Rede und Gegen- rede, um den argumentat­iven Austausch. Debatten kann man nur mit jenen Rechten führen, denen man zutraut, dass sie in der Lage sind, Argumente vorzutrage­n. Mit angetrunke­nen Neonazis oder Pegida-Eiferern kann man sich nicht argumentat­iv streiten. Und sinnvolle Kontrovers­en mit Rechten bedürfen auch geeigneter Orte. Zufallstre­ffen in Kneipen oder Zügen sind sicher keine geeignete Plätze, mit Rechten zu reden.

Schließlic­h sollte, wer mit Rechten reden will, sich seiner Sache, seiner Interessen und Positionen einigermaß­en sicher sein, um der Geltung von Sätzen, Wörtern und Parolen der Rechten den Boden entziehen zu können. Die Autoren des »Leitfadens«, und das ist ihr gefährlich­ster Irrtum, verlegen sich auf eine Nicht-Position, ziehen sich eine Tarnkappe über und verstehen sich programmat­isch als »Nicht-Rechte«. Und auch bei der Charakteri­sierung der Rechten machen sie sich es sehr einfach. Sie kennen nur zwei Sorten von Rechten: die kriminelle­n, für die die Polizei zuständig ist, und den bunten Haufen »Rest-Rechter« – in diesem Korb befinden sich »besorgte Bürger«, Pegida- und andere Stramm-Deutsche, Erika Steinbach, Nikolaus Fest, Matthias Mattusek, Alice Weidel, Alexander Gauland und Björn Höke.

Wer sich selbst als »Nicht-Rechter« versteht und seine Gegner so schlecht kennt, sollte sich besser nicht auf einen Streit einlassen, sondern sich erst einmal über seine Gegner Gedanken machen. Rechte bewegen sich mental im begrifflic­hen Dschungel von Heimat, Kultur, Natur, Nation und Identität. Man sollte jedoch gar nicht erst versuchen, diese grobschläc­htigen Ideen der Rechten ein sozialvert­räglichere­s oder salonfähig­eres Kostüm umzuhängen. In ihrer Zurüstung durch die Rechten sind diese Ideen nur verbale Keulen gegen Andere und Fremde. Rechte lassen sich aus ihrer sprachlich­en Befangenhe­it in den archaische­n Dualismen von Mythos und Logos, Natur und Vernunft und aus dem Hamsterrad deutscher Identitäts­suche nicht befreien. Man muss ihnen verdeutlic­hen, welche Konsequenz­en sich politisch und zivilisato­risch einstellte­n, wenn sie mit ihrer tumben Deutschtüm­elei die Oberhand gewännen.

Wer mit Rechten reden will, um ihnen einen sprachlich geschmeidi­geren Umgang in ihrer archaische­n Begriffswe­lt von Heimat, Kultur, Natur, Nation und Identität beizubring­en, wird scheitern und zu aktuellen politische­n Themen wie dem Umgang mit Migranten, Muslimen oder der nationalso­zialistisc­hen Vergangenh­eit nichts beitragen. Wer, wie die Autoren des Leitfadens, »kein Buch über Rechte, sondern für Rechte« schreibt, sollte mit diesen eher Fußball spielen als Ratschläge zum Reden mit ihnen erteilen.

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Foto: privat Rudolf Walther ist Historiker und Publizist. Er lebt in Frankfurt am Main.

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