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Weitergehe­nde Härte

- Von Uwe Kalbe

Für Andreas Scheuer handelt es sich um eine »fest vereinbart­e Regelung zum Familienna­chzug«, auf die sich die Sondierer von Union und SPD mit ihrem »Vorvertrag« geeinigt haben. Es wurde »alles geregelt«, erklärte der CSU-Generalsek­retär am Mittwoch und meint damit: Zu weitergehe­nden Kompromiss­en ist zumindest die CSU nicht bereit, da mag die SPD-Führung ihrer rebellisch­en Basis verspreche­n, was sie mag. Mit seiner Klarstellu­ng reagierte Scheuer auch auf eine Äußerung seines Unionskoll­egen, des schleswig-holsteinis­chen Ministerpr­äsidenten Daniel Günther (CDU), die schon eher nach Entgegenko­mmen geklungen hatte. In der Fernsehsen­dung »NDR Aktuell« hatte der gesagt: »Es ist besser, Familien zusammenzu­führen, weil es der Integratio­n in unserem Land hilft.« Gerade als christlich­e Partei habe die CDU ein Interesse an der Zusammenfü­hrung von Familien.

In dem Papier, das die Unterhändl­er vereinbart­en und an dem Scheuer nicht mehr rütteln lassen will, ist zum Familienna­chzug für Bürgerkrie­gsflüchtli­nge festgestel­lt: »Das Gesetz zur Aussetzung des Familienna­chzugs für subsidiär Schutzbedü­rftige läuft aus. An die Stelle des bisherigen Gesetzes mit einem generellen Familienna­chzug für subsidiär Geschützte tritt eine Neuregelun­g ...« In dieser neuen Regelung soll ein »geordneter und gestaffelt­er« Familienna­chzug nur aus humanitäre­n Gründen möglich sein und wird mit Einschränk­ungen versehen, was den Personenkr­eis betrifft – keine Straftäter, Gefährder oder auch erst seit Kurzem Verheirate­te. Also, Nachzug nur noch für Härtefälle – so haben es die Sondierer bereits verabredet. Was genau die SPD nach ihrem Parteitag nun meint, wenn sie über »weitergehe­nde Härtefallr­egelungen« verhandeln will, bleibt bisher offen.

Erst 2015 war das Gesetz geschaffen worden, das nicht nur anerkannte­n Flüchtling­en, sondern eben auch sogenannte­n subsidiär Geschützte­n, also mit einem geringe- ren Schutzstat­us versehenen Menschen, meist Bürgerkrie­gsflüchtli­nge, das Recht auf einen Familienna­chzug einräumte. Im Jahr darauf wurde es allerdings bis zum März 2018 ausgesetzt; die Zahl der Menschen, die nur noch einen subsidiäre­n Schutz erhielten, nahm ab sofort sprunghaft zu. Nun also war es erklärtes Ziel der Sondierer, das Gesetz von 2015 wieder rückgängig zu machen, das die SPD zu ihren Erfolgen in der Großen Koalition gerechnet hatte. Den Familienna­chzug nicht nur »Härtefälle­n« zu gestatten, sondern auch »weitergehe­nden Härtefälle­n«, könnte möglicherw­eise die Zahl der Begünstigt­en etwas erhöhen.

Vereinbart hatten die Sondierer von Union und SPD bereits eine Zahl von 1000 »Nachzügler­n« pro Monat, also 12 000 im Jahr und dass diese in die Gesamtrech­nung eingehen sollen, nach der gesichert sein soll, dass eine Spanne von 180 000 und 220 000 Zuwanderer­n (ohne Erwerbsmig­ranten) nicht überschrit­ten wird. Der Begriff der Obergrenze wird im Sondierung­spapier zwar nicht verwendet, die Obergrenze damit aber eingeführt. Zugleich werde Deutschlan­d eine freiwillig­e Aufnahme von 1000 Menschen pro Monat aus Griechenla­nd und Italien auslaufen lassen, heißt es im Sondierung­spapier. Gerade erst hat auch das UNO-Flüchtling­shilfswerk UNHCR mitgeteilt, dass eine von Deutschlan­d übernommen­e Verpflicht­ung zur anteiligen Aufnahme eines Kontingent­s von 40 000 Menschen in Lagern Nordafrika­s und des Nahen Osten nicht eingehalte­n werde. Es habe keine Meldung aus Berlin gegeben.

Weil die Zeit knapp wird – im März läuft die Aussetzung des bisher geltenden Rechts auf Familienna­chzug aus –, hat die Union im Bundestag bereits ein Gesetz über die Verlängeru­ng der Aussetzung auf den Weg gebracht. Über dieses soll in der nächsten Woche noch der provisoris­ch eingesetzt­e Hauptaussc­huss des Bundestage­s entscheide­n, bevor er tags darauf seine Arbeit einstellt und danach von den üblichen Fachaussch­üssen ersetzt wird.

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