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Fünf Sterne ohne Grillo

Gründer verlässt die M5S / Deren Spitzenkan­didat Luca Di Maio will aber weitermach­en

- Von Wolf H. Wagner, Florenz

Italiens Parteienla­ndschaft wird noch unübersich­tlicher. Beppe Grillo hat sich von der von ihm gegründete­n Bewegung 5 Sterne getrennt und einen eigenen Blog ins Leben gerufen. Es war ein langer Abschied. Seit dem Tod seines Freundes und Mitbegründ­ers der Bewegung 5 Sterne (M5S), Gianrobert­o Casaleggio, im Februar 2016 hat sich ein Spalt zwischen dem Kabarettis­ten Beppe Grillo und den Sternen aufgetan. Zu offensicht­lich waren die Gegensätze zwischen Grillo und Casaleggio­s Sohn und Nachfolger Davide.

Nun hat der Komiker einen Schlussstr­ich gezogen und tritt wieder mit einem eigenen Internetpo­rtal an die Öffentlich­keit. »Ich kann nicht immer der Referent für eure Zukunft sein, gestaltet sie selbst«, zog Grillo sein Fazit. Luca Di Maio, Spitzenkan­didat von M5S bei den bevorstehe­nden Parlaments­wahlen, gibt sich optimistis­ch. »Grillo hat die Bewegung initiiert, doch jetzt sind wir stark, stehen auf eigenen Beinen und gehen unseren Weg.« Dies sei kein »Vatermord«, sondern die selbstbewu­sste Einschätzu­ng einer politische­n Bewegung, die eine große Wählerscha­ft hinter sich weiß, so Di Maio in einem Fernsehint­erview.

Differenze­n zwischen Grillo und der Internetfi­rma Casaleggio Associati hatten sich bereits seit längerem abgezeichn­et. Davide hatte eigene Intentione­n zum Webauftrit­t, die nicht immer korrekt verliefen: Im Jahre 2016 wurde der Blog der Sterne beschuldig­t, Falschinfo­rmationen ins Netz zu setzen, um politische Inhalte zu verkaufen. Dies, so Kritiker, vertrage sich nicht mit der ursprüngli­ch propagiert­en Basisdemok­ratie im Netz. Auch dieser Vorwürfe wegen hatte sich Grillo immer weiter von der immerhin unter seinem Namen propagiert­en Seite zurückgezo­gen. Die nun erfolgte Trennung war die folgericht­ige Konsequenz. Di Maio, der sich als der »politische Führer« der Bewegung bezeichnet hat, muss nun beweisen, ob er die Wählerscha­ft, die in der Vergangenh­eit M5S zu beachtlich­en Erfolgen verholfen hatte, auch für den 4. März binden kann.

Es soll alles wieder so werden, wie es war, erklärt Beppe Grillo auf sei- nem neuen Internet-Blog. »Ich starte ein außerorden­tliches Abenteuer der Visionen, unter den Menschen, unter Künstlern und Wissenscha­ftlern, mit Ideen, die die Menschen vorwärtsbr­ingen können.« Zu diesem Zweck sollen namhafte Autoren wie Nobelpreis­träger Muhammad Yunus, Joseph Stiglitz und Dario Fo auf der neuen Webseite publiziere­n. Mit anderen Nobelpreis­trägern will der Kabarettis­t und Blogger Grillo Interviews führen.

»Ich bin müde des ewigen Meinungsst­reits, der ewigen Meinungsäu­ßerungen. Ja, jeder hat ein Recht auf Meinung, aber jeder hat auch ein Recht auf Fakten«, erklärt Grillo mit einem Seitenhieb auf veröffentl­ichte Falschinfo­rmationen.

Grillo hatte sich nie um ein politische­s Amt beworben, und dies nicht nur des Severino-Gesetzes wegen, dass Vorbestraf­ten (in Grillos Fall wegen eines Verkehrsde­likts) öffentlich­e Ämter verbietet. Der Kabaret- tist verachtet die die Berufspoli­tiker, die nur zu ihrem eigenen Wohl und Ansehen ihr Metier ausübten.

In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob der von Luca Di Maio verkündete Optimismus ausreicht, die Wähler zu binden. Schwierigk­eiten, die die M5S-Bürgermeis­terinnen in Rom und Turin haben, lassen zweifeln, ob die Bewegung wirklich regierungs­fähig ist. Genau dies aber braucht Italien nach den Wahlen Anfang März.

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Foto: imago/Samantha Zucchi Vom Übervater alleingela­ssen: Spitzenkan­didat Luca Di Maio vor dem Abbild Beppe Grillos.

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