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Ex-Banker müssen weiter zittern

- Von Hermannus Pfeiffer

Der Bundesgeri­chtshof soll über die Revision im Sal.-OppenheimP­rozess entscheide­n. Es geht auch um die Frage, ob Prominente vor Gericht besser abschneide­n können. Die Staatsanwä­lte fanden das Urteil zu milde. Wieder einmal waren prominente Manager mit einer Bewährungs­strafe davongekom­men. Im Juli 2015 hatte das Landgerich­t in Köln drei Ex-Bankiers des Bankhauses Sal. Oppenheim zu Bewährungs­strafen zwischen einem Jahr und elf Monaten sowie zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die Kölner Staatsanwä­lte machten geltend, das Landgerich­t habe angesichts des Gesamtscha­dens von 83,7 Millionen Euro die Strafen zu niedrig bemessen. Am Mittwoch verhandelt­e der 2. Strafsenat des Bundesgeri­chtshofes in Karlsruhe darüber, das Urteil soll am 14. März gefällt werden. Laut Aussagen der Bundesanwa­ltschaft vom Mittwoch wurden beim Urteil 2015 strafmilde­rnde Umstände berücksich­tigt, die nicht hätten berücksich­tigt werden dürfen, etwa das große Medieninte­resse.

Über 200 Jahre befand sich Sal. Oppenheim in Familienbe­sitz. Und galt als Inbegriff für diskrete Vermögensb­eratung reicher Privatkund­en. Doch unter Führung von Christophe­r Freiherr von Oppenheim geriet das Institut an den Rand des Ruins. Nur durch einen Notverkauf an die Deutsche Bank konnte es 2010 gerettet werden. Kürzlich wurde der Name Sal. Oppenheim gelöscht, die Vermögensv­erwaltung ging in der Deutschen Bank auf. Auslöser für das Aus war der Versuch, sich Gebäude des Handelskon­zerns Karstadt einzuverle­iben. Wenn man der Staatsanwa­ltschaft folgen will, diente das auch dazu, die Taschen einiger Vorstandsm­itglieder zu füllen.

Die enge Verflechtu­ng der Bank mit Karstadt-Quelle (später Arcandor) hatte 2001 begonnen. Damals wurde Eigentümer­in Madeleine Schickedan­z ein Kredit zum Kauf weiterer Karstadt-Aktien gewährt – diese dienten zugleich als Sicherheit für das Darlehen. Ein riskantes Koppelgesc­häft für alle Beteiligte­n: Liefen die Umsätze von Karstadt schlecht, sänke der Aktienkurs und die Sicherheit­en wären nicht mehr viel wert. So passierte es. Hinzu kamen ähnliche Deals. Strohmänne­r spielten mit. So verschwieg der Bankvorsta­nd der Finanzaufs­icht BaFin das »Klumpenris­iko« Karstadt/Schickedan­z in Höhe von 700 Millionen Euro. Später stieg die Bank direkt beim taumelnden Kaufhausko­nzern ein und zahlte einen ungesicher­ten Kredit aus. Bald darauf war Karstadt pleite.

Möglich wurde das Risikospie­l, weil der Vorstand die Fachabteil­ungen über das tatsächlic­he Ausmaß des Karstadt-Engagement­s im Unklaren ließ. Und sich »Wissensmon­opole« schaffte, wie es die Staatsanwa­ltschaft nennt. Solches Zockerverh­alten – vorbei am Sachversta­nd der eigenen Risikomana­ger – scheint in vielen Banken zumindest bis zur Finanzkris­e üblich gewesen zu sein. Politisch abgesicher­t wurde es durch Kontakte zur Politik. So unterstütz­te Sal. Oppenheim Ex-Kanzler Helmut Kohl (CDU) mit einer Millionens­pende. 2005, berichtet der Kölner Publizist Werner Rügemer, leistete Oppenheim die größte Einzelspen­de für den Wahlkampf Angela Merkels (CDU).

Über zwei Jahre lang hatte der Prozess gedauert, bis am vorletzten Verhandlun­gstag die persönlich haftenden Gesellscha­fter von Sal. Oppenheim Reue zeigten. Fehler seien gemacht, Privatinte­ressen mit denen der Bank vermischt und Entscheidu­ngen auf mangelhaft­er Informatio­nsgrundlag­e getroffen worden. Man habe gehofft, Karstadt retten zu können. Die Staatsanwä­lte hatten für alle Freiheitss­trafen ohne Bewährung gefordert.

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