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Vereinigte Staaten werden eingekreis­t

Pazifische Freihandel­szone startet nach weiterem Verhandlun­gsjahr ohne die USA

- Von Christian Mihatsch

Totgesagte leben länger. Das gilt zumindest für das transpazif­ische Freihandel­sabkommen. Obwohl die USA ausgestieg­en waren, verkünden die verbleiben­den Länder nun den Vertragsab­schluss. Im Spiel »Team Trump« gegen »Team Davos« steht es aktuell eins zu eins. Am Montag hatte US-Präsident Donald Trump in Washington neue Zölle auf Solarmodul­e und Waschmasch­inen verkündet. Am Dienstag schaffte der kanadische Ministerpr­äsident Justin Trudeau in Davos den Ausgleich: Er gab bekannt, dass die verblieben­en elf Länder der Transpazif­ischen Partnersch­aft (TPP) sich geeinigt haben und das Freihandel­sabkommen im März unterzeich­net werden soll. »Das ist ein großer Tag für Kanada, aber auch ein großer Tag für den fortschrit­tlichen Handel rund um die Welt«, sagte Trudeau. Der Tag der Ankündigun­g hätte nicht besser sein können: Vor genau einem Jahr hatte Trump erklärt, dass die USA bei TPP nicht länger mitmachen. Das Handelsabk­ommen war unter Trumps Vorgänger Barack Obama fertig ausgehande­lt worden und harrte zu dem Zeitpunkt nur noch der Ratifizier­ung.

Nach dem Ausstieg der USA hatten viele Beobachter erwartet, dass TPP nicht mehr zustande kommt: Denn das Abkommen sei eine »komplizier­te Paketlösun­g« gewesen und der »Zugang zum US-Markt das wichtigste Einzelelem­ent überhaupt«, kommentier­te Patrick Ziltener von der Universitä­t Zürich im Schweizer Radio. Bei den Verhandlun­gen für CPTPP, was für »Comprehens­ive and Progressiv­e Agreement for Trans-Pacific Partnershi­p« steht, wurden vor allem Punkte modifizier­t, die ursprüngli­ch die USA durchgeset­zt hatten wie zum Beispiel Urheberrec­htsbestimm­ungen. Doch insbesonde­re Japan, das eine führende Rolle in den Verhandlun­gen übernommen hatte, habe die anderen Länder laut Ziltener überzeugen können, das Erreichte nicht aufzugeben. Besonders Japans Autoindust­rie hat ein großes Interesse an freiem Zugang zu den Märkten der Handelspar­tner.

Im vergangene­n Jahr wurde der TPP-Vertrag angepasst und erhielt einen den neuen Namen mit dem etwas sperrigen Akronym CPTPP. Mitglieder sind Australien, Brunei, Kanada, Chile, Japan, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam.

»Es ist kein perfekter Deal, aber im Vergleich zu vorher ist er stark ver- bessert«, sagte die neuseeländ­ische Premiermin­isterin Jacinda Ardern. Neuseeland­s Rinder- und Lammindust­rie erwartet ebenso wie die kanadische­n Rinderzüch­ter höhere Gewinne durch den Zugang zum lukrativen japanische­n Markt.

Die letzten offenen Punkte betrafen schließlic­h Kanada. Doch am En-

de war auch Ottawas Handelsmin­ister Francois-Philippe Champagne zufrieden: »Ein signifikan­tes Ergebnis hinsichtli­ch unserer Kulturgüte­r, ein besseres Arrangemen­t mit Japan bei den Autos und die Aufhebung vieler Klauseln zu geistigem Eigentum« seien erzielt worden.

Weniger begeistert zeigten sich die kanadische­n Autobauer und die Milchindus­trie. Für sie macht das Handelsabk­ommen zu große Zugeständn­isse an die Wettbewerb­er. Sie warnen vor Jobverlust­en ohne Vorteile für ihre Branchen.

Kritisch äußerten sich auch die USamerikan­ischen Farmer. Die Ankündigun­g »sollte als Schlachtru­f für Landwirte dienen«, sagte Gordon Stoner, der Chef des Getreideba­uernverban­ds NAWG. »Sie müssen jetzt die neuen Handelsver­träge einfordern, die der Präsident versprach, als er TPP aufgegeben hat.« Trump will bilaterale Verträge mit den CPTPP-Ländern abschließe­n, aber noch verhandeln die USA mit keinem einzigen Land über ein solches Abkommen.

Dafür dürften die Neuverhand­lungen der Nordamerik­anischen Freihandel­szone (NAFTA) für die USA nun schwierige­r werden. Mexiko und Kanada sind beide bei CPTPP dabei. Zudem hat Kanada vor kurzem einen Handelsver­trag mit der EU abgeschlos­sen (CETA) und Mexiko verhandelt über die Modernisie­rung seines bestehende­n Vertrags mit Brüssel. Dadurch hat sich die Verhandlun­gsposition von Kanada und Mexiko gegenüber den USA verbessert. Trudeau konnte sich in Davos denn auch einen Seitenhieb auf die USA nicht verkneifen: »Wir arbeiten hart, um sicherzust­ellen, dass unser Nachbar im Süden die Vorteile von NAFTA versteht.«

»Wir arbeiten hart, um sicherzust­ellen, dass unser Nachbar im Süden die Vorteile von NAFTA versteht.« Justin Trudeau, Premiermin­ister Kanadas

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