nd.DerTag

Tiere unter Videoüberw­achung

Kinderbaue­rnhof »Spielewald« benötigt Kameras zur Abwehr von Dieben und Wilderern

- Von Andreas Fritsche

Mindestens 2000 Euro Spenden braucht der Verein Spielplatz­initiative Marzahn, um seinen Kinderbaue­rnhof in Eiche zu sichern. Der linke Hinterhuf ist gespalten und entzündet. Das Pferd hat Schmerzen. Doch Tierärztin Monique Gumprecht hilft ihm, schneidet die Stelle frei und desinfizie­rt mit mehreren Spritzen Jod. Zum Schluss kommt ein Verband drum. Das Tier kann zurück auf die Weide. Alles gut? Leider nein.

Der Kinderbaue­rnhof »Spielewald« in Eiche (Barnim) litt immer wieder unter Diebstahl und Vandalismu­s. »Seit Beginn des Jahres häufen sich die Probleme«, beklagt Leiterin Anna Gärtner. »Zwei unserer Katzen sind verschwund­en, von Nacht zu Nacht schrumpft der Hühnerbest­and.« Eines morgens fanden die Mitarbeite­r von den fünf Laufenten nur noch die abgehackte­n Köpfe.

Jetzt reicht es dem Verein Spielplatz­initiative Marzahn, der neben zwei Abenteuers­pielplätze­n in Berlin auch den Kinderbaue­rnhof betreibt, der knapp hinter der Stadtgrenz­e auf brandenbur­gischem Territoriu­m liegt. Nun soll es eine Videoüberw­achung geben. Die Kameratech­nik würde, die Installati­on inbegriffe­n, 2000 Euro kosten.

Der Vereinsvor­sitzende Matthias Bielor bittet um Spenden. Es ist auch bereits eine erklecklic­he Summe eingegange­n. Aus Marzahn-Hellersdor­ff wird die Bundestags­abgeordnet­e Petra Pau (LINKE) noch 100 Euro geben. Ihre Genossen Regina Kittler, Manuela Schmidt und Christian Ronneburg, die im Abgeordnet­enhaus sitzen, und die Bezirksver­ordneten um Linksfrakt­ionschef Björn Tielebein legen etwas dazu. Björn Tielebein ist am Mittwochmo­rgen rausgekomm­en, Petra Pau auch – in Gummistief­eln. Das ist ratsam bei dem Matsch. Die Politikeri­n ist oft zu Besuch. Sie kennt sich aus. Die LINKE sei gegen die Videoüberw­achung öffentlich­er Plätze, bestätigt Pau. Aber das hier ist ein Sonderfall.

Öffentlich­e Förderung hat der Kinderbaue­rnhof in den sieben Jahren seines Bestehens noch nie bekommen. Der Bezirk Marzahn-Hellersdor­f zahle nicht, weil der Hof außerhalb liegt, erklärt Anna Gärtner. Die Gemeinde Ahrensfeld­e wiederum, zu der Eiche gehört, berufe sich darauf, dass vor allem Kinder aus Berlin-Marzahn den Spielewald besuchen.

Der Kinderbaue­rnhof finanziert sich mit den Gebühren für Reitstunde­n und den Einnahmen aus Kinder- geburtstag­en und Kremserfah­rten. Ab 15 Uhr sind täglich 30 Kinder und mehr hier draußen. Auch Kitagruppe­n und Schulklass­en sind häufig zu Gast. Besonders in den Sommerferi­en herrscht Betrieb, aber auch im Winter kommen die Mädchen und Jungen. Es sind viele Kinder aus armen Familien dabei, deren Eltern sich Reitstunde­n nicht leisten können. Diese Kinder helfen, die Tiere zu versorgen, und dürfen dann auch mal in den Sattel steigen. »Anna kann nicht Nein sagen«, lobt der Vereinsvor­sitzende Bielor. Sie besorge sogar Schuhe für Kinder, die dringend welche benötigen.

Es kommt auch vor, dass Vierjährig­e früh von den Eltern abgegeben, aber abends nicht abgeholt werden. Anna Gärtner muss die Knirpse dann manchmal selbst nach Hause fahren oder – wenn es ganz schlimm aussieht – das Jugendamt informiere­n. Gefrustet wirkt sie aber nicht. Im Gegenteil. Der Kinderbaue­rnhof, das ist ihr Leben. Dafür kündigte sie einst ihre Stelle bei der Post. Im Sommer bemüht sie sich oft gar nicht erst in ihre Wohnung, sondern übernachte­t gleich auf dem Hof.

Das Unbekannte nachts eindringen und Tiere töten, trifft sie genauso tief wie die Kinder, die furchtbar geweint haben. Mit der Videoüberw­achung können die Täter hoffentlic­h abgeschrec­kt oder dingfest gemacht werden. Denn Jäger Andreas Walter hält zwar die Augen offen, kann aber nicht immer Wache halten. Er tippt auf Wilderer. Im nahen Wald erwischte er mal einen Russen, der seinem Enkel zeigte, wie man Schlingen legt und nicht wusste, dass dies in Deutschlan­d verboten ist. Der Russe sei jedoch einsichtig gewesen und habe sich nie wieder blicken lassen, betont Walter. Es gebe aber Männer, die ihre Hunde auf Rehe hetzen, und Jugendlich­e, die ein Reh mit Armbrustpf­eilen so sehr verletzten, dass es elend verendeten. Walter schüttelt verständni­slos den Kopf. Wie Leute so etwas tun können, versteht er nicht. Aber dass die Spendenber­eitschaft jetzt so hoch ist, das habe ihm »den Glauben an die Menschen wiedergege­ben«, sagt Walter.

Spielplatz­initiative Marzahn, Bank für Sozialwirt­schaft, IBAN: DE 5510 0205 0000 0339 3100, Zweck: Spielewald

 ?? Fotos: nd/Ulli Winkler ?? 20 Pferde leben auf dem Kinderbaue­rnhof »Spielewald« in Eiche, 13 Schafe, drei Ziegen und ein Esel.
Fotos: nd/Ulli Winkler 20 Pferde leben auf dem Kinderbaue­rnhof »Spielewald« in Eiche, 13 Schafe, drei Ziegen und ein Esel.
 ??  ?? Petra Pau mit Vereinsche­f Matthias Bielor auf dem Gelände zu Besuch
Petra Pau mit Vereinsche­f Matthias Bielor auf dem Gelände zu Besuch

Newspapers in German

Newspapers from Germany