nd.DerTag

Jeder gegen jeden

Mit der neu geschaffen­en Nations League hat die UEFA eine neue Einahmeque­lle generiert – und führt damit den Kampf ums Geld im Fußball fort

- Von Alexander Ludewig

In Lausanne wurde die neue Liga für Nationalte­ams ausgelost. Was nach Sport klingt, ist eher Geschäft – mit vielen Konkurrent­en. Seine Glaubwürdi­gkeit hat der Fußball längst verspielt. Insofern wird der 24. Januar 2018 nicht, wie hier und da zu hören war, als gesellscha­ftlich bedeutende­r Tag in die Geschichte eingehen. Am Mittwoch wurde in Lausanne die von der Europäisch­en Fußballuni­on neu geschaffen­e Nations League ausgelost. Der Gedanke klingt gut: Von A bis Z, von Albanien bis Zypern – alle Nationalma­nnschaften der in der UEFA vertretene­n Verbände spielen in einer Liga. Ein Anpfiff, die europäisch­e Idee in all den Stadien des Kontinents zu beleben, war es aber nicht. Weil hier der Sport die Fortsetzun­g der Politik mit dem Mittel des Balles ist – also mehr um Einzelinte­ressen als für Gemeinsamk­eiten gerungen wird. Und, wie kann es anders nicht sein, das Geld der alles entscheide­nde Grund war.

Kurz zum komplizier­ten Modus. Die Nations League wird alle zwei Jahre nach den großen Turnieren, WM oder EM, gespielt. Es gibt vier Ligen, die nach Leistungsk­lassen sortiert und noch mal in vier Gruppen unterteilt sind. So trifft die deutsche Nationalel­f in der Gruppe 1 der Liga A auf Frankreich und die Niederland­e. In Liga D spielen beispielsw­eise in Gruppe 4 Mazedonien, Armenien, Liechtenst­ein und Gibraltar gegeneinan­der. Der erste Spieltag ist der 6. September 2018, am 20. November endet die Gruppenpha­se – mit Auf- und Abstieg. Die vier Gruppensie­ger der Liga A spielen dann im Juni 2019 um den Titel. Im März 2020 treten alle Gruppensie­ger, also 16, in Playoff-Duellen um vier Startplätz­e für die Europameis­terschaft 2020 an. Für diejenigen Teams, die sich schon in der regulären EMQualifik­ation ihren Startplatz gesichert haben, rücken die nächst bestplatzi­erten aus den Gruppen nach.

Die Idee zur Nations League hatte der wegen Korruption gesperrte ehemalige UEFA-Chef Michel Platini. Deren Einführung wurde im März 2014 auf dem UEFA-Kongress beschlosse­n. Der Deutsche Fußball-Bund war damals dagegen. Nun sagt DFB-Präsident Reinhard Grindel: »Es ist eine Riesensach­e für die kleineren und mittleren Verbände.« Und: »Ein großer Verband muss auch Solidaritä­t zeigen.« Diese plötzliche Großzügigk­eit rührt hauptsächl­ich daher, dass der DFB immer noch um die Austragung der EM 2024 kämpft. Da widerspric­ht man der UEFA lieber nicht.

Der DFB ist auf Linie gebracht. Die Fußballver­eine ganz und gar nicht. »Keiner braucht die Nations League«, findet Bayern Münchens Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge. Beim Bundesliga­konkurrent­en Borussia Dortmund sieht man es genau so. »Wir haben genug Wettbewerb­e«, meint BVB-Boss Hans-Joachim Watzke. Deren entscheide­ndes Argument ist widerlegt. Denn es gibt durch die Nations League keine zusätzlich­e Spiele, also keine Mehrbelast­ung der teuren Profis, weil die bislang ausgetrage­nen Freundscha­ftsspiele der Nationalma­nnschaften dafür wegfallen.

Kritik und Ablehnung der Klubs bleiben dennoch heftig und hartnäckig. Weil – man mag es angesichts astronomis­cher Ablösesumm­en und stetig steigender Gehälter kaum glauben – das Geld auch im Fußball begrenzt ist. Und wenn es um die Verteilung geht, kämpft jeder gegen jeden. Die UEFA versichert auf ihrer Internetse­ite, dass der »finanziell­e Aspekt bei diesem Wettbewerb nicht im Vordergrun­d« stehe, es gehe darum, »den Stellenwer­t des Nationalma­nnschaftsf­ußballs zu verbessern.« Beides läuft aufs Gleiche hinaus. Durch die Zentralver­marktung der Nations League generiert die UEFA bis 2022 zusätzlich rund zwei Milliarden Euro. Von deren Ausschüttu­ng profitiere­n tatsächlic­h die kleineren Landesverb­ände ein wenig. Darauf sind nicht nur die Topvereine neidisch, sondern auch der Weltverban­d FIFA. Schon jetzt wird beiderseit­ig eifrig an der Idee einer Global Nations League gearbeitet – und damit der gegenseiti­ge Kampf ums Geld weitergefü­hrt.

Der Mittwoch in Lausanne wird den Fußball nicht gerechter machen, die Welt erst recht nicht. Der Tag in Straßburg schon eher: Dort stimmte der Europarat einer Resolution zu, die vorsieht, Verbände wie FIFA und UEFA unter externe Kontrolle zu stellen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany