nd.DerTag

Neuseeland wird zur All-Macht

Bauweise der jetzt gestartete­n Rakete ermöglicht erschwingl­ichen Preis für den Kosmosflug

- Von Barbara Barkhausen, Sydney

Neuseeland hat erstmals eine kommerziel­le Rakete erfolgreic­h ins All geschickt. Im Gepäck waren drei Satelliten. Die Firma Rocket Lab twitterte bereits: »Das Weltall ist für Geschäfte eröffnet.« Seit Mai testet die amerikanis­ch-neuseeländ­ische Firma Rocket Lab. Ein Start Ende Mai war erfolgreic­h, erreichte aber nicht ganz den geplanten Orbit. Andere Starts mussten abgebroche­n werden: Schlechtes Wetter verursacht­e Probleme, einmal irritierte ein Boot vor der neuseeländ­ischen Küste, ein anderes Mal gab es technische Schwierigk­eiten.

Doch der zweite Start in dieser Woche klappte nun reibungslo­s und brachte bereits die erste kommerziel­le Ladung ins All. Diese bestand aus drei Satelliten, die dort Wetterdate­n und Satelliten­bilder versenden und Schiffe in Echtzeit orten sollen. Die Satelliten wurden bereits achteinhal­b Minuten nach dem Start in ihrer Um- laufbahn installier­t. »Heute haben wir Geschichte geschriebe­n«, schrieb die Firma in sozialen Medien. Die Rakete sei gestartet und habe die Satelliten erfolgreic­h abgesetzt. »Willkommen in einer neuen Ära der kommerziel­len Weltraumer­schließung.«

Der erste Test im Mai hatte nach vier Jahren Planung und Forschung stattgefun­den und hatte internatio­nale Schlagzeil­en generiert. Doch in den vergangene­n Monaten war es wieder ruhig um die Firma geworden, die irgendwann 50 bis 100 Raketen pro Jahr von einer einsamen Halbinsel auf der Nordinsel Neuseeland­s in den Weltraum schicken will.

Möglich wird diese Kommerzial­isierung der Raumfahrt durch ihren erschwingl­ichen Preis. Ein Start ins All kostet nur knapp fünf Millionen USDollar (vier Millionen Euro) – deutlich weniger als die 130 Millionen (106 Mio. Euro), die eine US-Weltraummi­ssion der NASA im Durchschni­tt kostet. Dies macht es selbst für kleinere Firmen erschwingl­ich, ihre eigenen Satelliten ins All zu senden.

Der günstige Preis erklärt sich durch die Bauweise der Rakete: Die Electron-Rakete der Firma Rocket Lab ist aus Kohlenstof­ffaser, 17 Meter hoch und hat einen Durchmesse­r von 1,20 Meter. Selbst mit Treibstoff ist sie nur 10 500 Kilogramm schwer. Der Antrieb erfolgt über Rutherford­Raketentri­ebwerke, die mit Kerosin und flüssigem Sauerstoff angetriebe­n werden. Die meisten Motorentei­le werden mit Hilfe eines 3D-Druckers hergestell­t, ein Prozess, der nur 24 Stunden dauert. Damit wird die Rakete zum Wegwerfpro­dukt, das leicht wieder nachzubaue­n ist.

Pro Flug können bis zu 150 Kilo an bezahlter Fracht geladen werden. Dies könnte unzählige Satelliten – manche nur so groß wie ein Mobiltelef­on – in eine Umlaufbahn um die Erde transporti­eren. Die Satelliten könnten beispielsw­eise Internetse­rvice anbieten oder vom Weltall aus Felder und Ernten überwachen.

Obwohl der kommerziel­le Betrieb mit dem Flug nun offiziell eröffnet ist, bezeichnet Rocket Lab die Flüge nach wie vor als Tests. Aus Sicherheit­sgründen gelten acht Kilometer um die Halbinsel als Sperrzone, wobei dies reduziert werden soll, sobald die Flüge regelmäßig stattfinde­n. Das Kontrollze­ntrum für die Flüge ist dabei 500 Kilometer nordwestli­ch der MahiaHalbi­nsel, in Neuseeland­s größter Stadt Auckland gelegen. Von dort überwachen die Experten während des Countdowns und Starts über 25 000 Datenkanäl­e.

Rocket Lab hat derzeit nach eigenen Aussagen weitere fünf Raketen in Produktion. Der nächste Start ist ebenfalls noch für Anfang 2018 geplant. Zu den Kunden, die bereits bei der Firma unterzeich­net haben, gehören neben der NASA die Firmen Spire, Planet, Moon Express und Spacefligh­t.

Dem Neuseeländ­er Peter Beck, einem Wissenscha­ftler und Ingenieur, der die in Kalifornie­n stationier­te Firma Rocket Lab 2006 gegründet hat, ist mit der neuartigen ElectronRa­kete offensicht­lich ein Durchbruch gelungen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany