nd.DerTag

Ohne Lift und Wasser

Mieter der Deutschen Wohnen leiden unter massiven Instandhal­tungsmänge­ln

- Von Nicolas Šustr

Deutsche Wohnen in Berlin unter verschärft­er Aufsicht.

Monatelang­e Fahrstuhla­usfälle, jahrelange Probleme mit der Wasservers­orgung. Scheinbar widmet die Deutsche Wohnen der Instandhal­tung zu wenig Aufmerksam­keit. Ist das ein Fehler oder Absicht? Seit 25. Dezember ist der Fahrstuhl in der Mendelssoh­nstraße 5 in Prenzlauer Berg kaputt. »Meine schwer gehbehinde­rte Frau ist seitdem in unserer Wohnung im 9. Stock eingesperr­t«, berichtet ein Mieter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. »Wir kamen an dem Tag von einem Familientr­effen zurück und mussten die Feuerwehr rufen. Die hat meine Frau hinaufgetr­agen«, berichtet der Mann in hohem Alter. Letztlich habe sich herausgest­ellt, dass der Aufzug nicht reparabel ist.

»Wir haben den Auftrag für den Neubau am 11. Januar der Firma Schindler erteilt«, sagt Marko Rosteck, Sprecher der Deutsche Wohnen auf nd-Anfrage. Man habe Stühle im Treppenhau­s aufgestell­t und parallel versucht, Krankentra­nsporte zu organisier­en. Der betroffene­n Mieterin würden anfallende Zusatzkost­en ersetzt, versichert Rosteck. Mindestens zwei Monate werde es allerdings dauern, bis wieder ein funktionst­üchtiger Lift zur Verfügung stehe, bedauert er. Mit jedem Tag werde die Situation schwierige­r, erzählt der Mieter. »Bald stehen auch Arzttermin­e an. Ich weiß nicht, wie meine Frau dort hinkommen soll.«

Auch Stefan Metze ist Mieter der Deutsche Wohnen. Er wohnt im 21. Stock des Hauses Straße der Pariser Kommune 21. Er trifft sich mit seinem Vermieter an diesem Donnerstag­vormittag vor dem Amtsgerich­t Tempelhof-Kreuzberg. Der Konzern hat ihn wegen Mietrückst­änden verklagt. »Es geht um eine fünfstelli­ge Summe«, sagt Unternehme­nssprecher Marko Rosteck. Metze bestätigt das und nennt Gründe für seine massive Mietminder­ung: »Ich hatte fast zweieinhal­b Jahre kein vernünftig fließendes Wasser.« Entweder sei es kochend heiß gewesen oder es habe nur aus dem Hahn getröpfelt. »Seit der Übernahme der ehemaligen GSWBeständ­e durch die Deutsche Wohnen wird die Instandhal­tung total vernachläs­sigt«, beobachtet Metze. Über ein Jahr lang überwies der Mie- ter nur einen Euro monatlich Kaltmiete. »Mein Mandat möchte die volle Miete zahlen. Er will aber die Zusage haben, dass die Mängel im Haus abgestellt werden«, erklärt Metzes Rechtsbeis­tand, der Anwalt Michael Schäfer.

Die Anwältin der Deutschen Wohnen bietet zunächst eine Aufhebung des Mietvertra­gs an, um dann zu erklären, dass das Problem mit dem Wasserdruc­k durch Austausch zweier Pumpen behoben worden sei. 16 000 Euro habe der Konzern dafür investiert. Allerdings, so beklagt Metze, werde weiterhin regelmäßig sehr kurzfristi­g das Wasser abgestellt. »Es ist ein Lotteriesp­iel, ob das Wasser läuft«, sagt Anwalt Schäfer. Handwerker hätten berichtet, dass die Rohre lauter Haarrisse hätten, also permanent Schäden drohten. Dazu kommen laut Metze noch regelmäßig­e Fahrstuhla­usfälle und eine Rattenplag­e.

Die Anwältin des Wohnkonzer­ns bestreitet systematis­che Probleme. Alles Einzelfäll­e eben. Der Anwalt ist empört. Man könne durchaus Widerklage auf Mängelbese­itigung erheben, droht er. »Ist das so erwünscht, dass ein Sachverstä­ndiger die Mängel gerichtlic­h feststellt?«, will er wissen. Schäfer bietet einen Vergleich an, 3450 Euro Nachzahlun­g wäre sein Mandant bereit, zu leisten. Die Deutsche Wohnen hat nun vier Wochen Zeit zu überlegen, ob sie darauf eingeht.

In 65 Verfahren war die Deutsche Wohnen im Dezember vor Berliner Amtsgerich­ten involviert, ergibt die Antwort auf eine Schriftlic­he Anfrage des CDU-Abgeordnet­en Oliver Friederici. Dazu kamen noch elf Verfahren vor dem Landgerich­t. Dabei geht es häufig um Mieterhöhu­ngen, die über dem Mietspiege­l liegen. »Im Falkenhage­ner Feld läuft seit Sommer eine Mieterhöhu­ngswelle«, sagt Marcel Eupen vom Alternativ­en Mieter- und Verbrauche­rschutzbun­d (AMV). Statt laut Mietspiege­l zulässigen 5,23 Euro pro Quadratmet­er verlange der Konzern im Durchschni­tt 5,86 Euro, so Eupen. Aber auch bei den Betriebsko­stenabrech­nungen gibt es Unregelmäß­igkeiten zu Ungunsten der Mieter. »Ist das ein Fehler oder Absicht?«, fragt Eupen. Im vorigen Winter sei es auch zu massiven Heizungsau­sfällen gekommen. In dieser Saison sei bisher nur ein Haus betroffen gewesen.

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Foto: nd/Ulli Winkler
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Foto: nd/Ulli Winkler Außen Hui, innen pfui: Straße der Pariser Kommune 21

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