nd.DerTag

Die Geschichte vom Dammbruch

Steffen Schmidt über das Für und Wider des Klonens

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Seit 1996 der Brite Ian Wilmut seinen Schafsklon »Dolly« vorstellte, wird bei jeder neuen wissenscha­ftlichen Veröffentl­ichung auf diesem Gebiet das Bild vom Dammbruch bemüht. Nicht nur in Science-Fiction-Filmen wurde das Gespenst der organ-»spendenden« Klone an die Wand gemalt oder die Befürchtun­g, Diktatoren könnten bis in alle Ewigkeit wieder auferstehe­n.

Doch bis heute sind die leibhaftig­en Einstein- oder MarilynDup­likate ausgeblieb­en. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Klonerei bei Primaten offenbar sehr viel schwierige­r ist als bei anderen Säugetiere­n. Für ihre zwei genetische­n Affenzwill­inge Zhong Zhong und Hua Hua verbraucht­en die chinesisch­en Wissenscha­ftler Hunderte von Eizellen. Das dürfte im Falle von Menschen selbst in Ländern mit sehr lockerer Ethik nicht als Methode durchsetzb­ar sein, um Nachwuchs zu produziere­n. Zumal ein Klon eben kein Duplikat eines ausgewachs­enen Menschen sein wird. Er wird trotz seiner identische­n Gene unter anderen Umständen aufwachsen, andere Erfahrunge­n machen, kurz – ein anderer Mensch sein. Wenn es einen Weg zum ewigen Leben geben sollte, Klonen ist es ganz gewiss nicht.

Und es gibt einen weiteren Grund: Allen Verdächtig­ungen zum Trotz haben auch Wissenscha­ftler – selbst chinesisch­e – Moralvorst­ellungen. Die mögen nicht immer identisch sein, doch bei der Vorstellun­g, Menschen könnten nur noch nutzbare Gegenständ­e sein, hört der Spaß auch anderswo auf.

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