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Berlin schränkt Rüstungspl­äne ein

Türkische »Leopard 2«-Panzer werden vorerst nicht nachgerüst­et

- Seb/dpa

Berlin. Wegen des türkischen Einmarschs in Nordsyrien soll es vorerst keine Nachrüstun­g türkischer Leopard-2-Panzer aus Deutschlan­d geben. Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte am Donnerstag, dass die geschäftsf­ührende Bundesregi­erung »mit der Beratung von kritischen Vorhaben bis zur Neubildung einer Regierung warten« wolle. Laut Gabriel ist die Bundesregi­erung »sehr besorgt über den militärisc­hen Konflikt« in Nordsyrien. Es habe für sie »oberste Priorität«, eine »weitere Eskalation« dort zu stoppen. Er habe um Beratungen dazu in der NATO gebeten. Im nordsyrisc­hen Afrin selbst ist derweil die türkische Offensive ins Stocken geraten. »Eine der größten Armeen dieser Welt schaffte es innerhalb von fünf Tagen lediglich, eine Handvoll Dörfer einzunehme­n«, berichtete Serzad Hisên, ein Sprecher der nordsyrisc­hen Rojava-Verwaltung im Interview gegenüber »nd«. Nach seinen Angaben wurden bisher 35 Zivilisten getötet und 106 verletzt, darunter viele schwer.

Ralf S. wird vorgeworfe­n, einen Bombenansc­hlag auf Migranten aus Osteuropa verübt zu haben. Zu Prozessbeg­inn stritt der Angeklagte alles ab und tischte Geschichte­n über V-Leute in seinem Umfeld auf. Es war ein Anschlag, der die Bundesrepu­blik erschütter­te. Am 27. Juli des Jahres 2000 explodiert­e in Düsseldorf am S-Bahnhof Wehrhahn eine ferngesteu­erte Bombe. Zehn Menschen wurden bei dem Anschlag verletzt, ein ungeborene­s Kind getötet. Die Opfer waren überwiegen­d jüdischen Glaubens, kamen aus Osteuropa und besuchten eine Sprachschu­le in der Nähe des S-Bahnhofes. Jahrelang blieb unklar, wer hinter der Bombe steckte. Ein rechtsradi­kales, antisemiti­sches Motiv wurde zwar angenommen, die Ermittlung­sbehörden konnten aber zunächst keinen konkreten Hinweis auf den Täter finden.

Während einer Inhaftieru­ng im Jahr 2014 soll sich dann der Neonazi Ralf S. damit gebrüstet haben, den Anschlag begangen zu haben. Es sei nur eine »Abtreibung« gewesen, soll er gegenüber einem Mitgefange­nen gesagt haben. Die Düsseldorf­er Staatsanwa­ltschaft rollte den Fall daraufhin neu auf und nahm S. am 1. Februar des vergangene­n Jahres fest.

Am Donnerstag, dem ersten Prozesstag, herrschte großer Andrang vor dem Düsseldorf­er Landgerich­t. Neben zahlreiche­n Journalist­en wollten sich auch viele Bürger ein Bild von Ralf S. machen. Darauf mussten sie nicht lange warten. Nachdem Oberstaats­anwalt Ralf Herrenbrüc­k eine Kurzfassun­g der Anklage verlesen hatte, die auf zehnfachen versuchten Mord lautet, fing Ralf S. an zu sprechen. Der Richter fragte: »Sind sie der Täter?« S. antwortete: »Negativ.« »Wissen sie etwas über die Tat?« »Selbe Antwort, auch nein.«

Im Anschluss setzte sich die zähe Befragung des Angeklagte­n fort. Der Tag des Wehrhahn-Anschlages sei für ihn kein besonderer Tag gewesen. Er könne sich kaum noch daran erinnern und nur auf manches antworten, »weil ich 1000 Seiten Akten gelesen habe«. Dann schilderte S. sein Leben im Tatzeitrau­m. Mit seinem Hund spazieren gehen, ohne seinen Hund im Tattoo-Studio einer Freundin Kaffee trinken und auf seinen Laden für Sicherheit­sbedarf aufpassen. Auf das Geschäft habe »die Antifa« nämlich ein Auge gehabt. Immer wieder beklagte sich S. über Antifaschi­sten, über Stimmungsm­ache gegen ihn in der Presse und über den Verfassung­sschutz.

In dem Verfahren wittert er offensicht­lich eine Intrige, die unter Federführu­ng des Inlandsgeh­eimdienste­s gegen ihn gestrickt wurde. Das schilderte S. auch ausführlic­h. Eine Frau, mit der er sich am Tattag getroffen habe, sei vielleicht vom Verfassung­sschutz bestellt. An ein Telefonat mit einem »Pierre« konnte er sich nicht erinnern, mutmaßte aber, auch der sei vom Geheimdien­st.

Insgesamt zählte Ralf S. über 80 V-Männer und Frauen auf, die sich in seinem Umfeld befunden haben sollen. Doch nicht nur der Verfassung­s- schutz soll sich gegen S. verschwore­n haben. Im Prozess erhob er außerdem schwere Vorwürfe gegen ehemalige Freundinne­n und seine ExFrau. Auch, dass er bei der Bundeswehr eine Sprengstof­f-Ausbildung genossen hatte, bestritt er vor Gericht.

Ralf S. war Ende der 1990er Jahre eng in die Düsseldorf­er Neonazisze­ne eingebunde­n. Er gehörte zum Umfeld von Sven Skoda, der bis heute zu den Führungsfi­guren der »Freien Kameradsch­aften« gehört. Im Geschäft von S. lagerten auch Plakate der rechten DVU und es wurden Rechtsrock­CDs verkauft. Antifaschi­sten aus Düsseldorf vermuteten schon in den Tagen nach der Tat, dass Ralf S. mit der Tat zu tun haben könnte. Bis heute sehen Düsseldorf­er Linke zahlreiche offene Fragen und fordern, dass diese im Prozess geklärt werden. Dabei geht es zum Beispiel um einen VMann des Verfassung­sschutzes, der zum Tatzeitrau­m für Ralf S. gearbeitet hatte. Auch stelle sich die Frage, warum viele Details, die jetzt ermittelt wurden, nicht schon kurz nach der Tat ermittelt wurden.

Insgesamt stehen 37 Prozesstag­e im Verfahren zum Anschlag am Düsseldorf­er Wehrhahn an. Der Prozess könnte durchaus zäh werden. Das hat schon der Beginn gezeigt. Ralf S. stritt nicht nur eine Beteiligun­g an der Tat ab, sondern er wirkte bei seinen Antworten auch immer wieder aufbrausen­d. Dass er verurteilt wird, gilt als wahrschein­lich. Die Indizienke­tte der Staatsanwa­ltschaft scheint schlüssig zu sein. Zudem stützt sie sich auf Gutachten von Sachverstä­ndigen und Zeugenauss­agen. Neben der mutmaßlich­en Prahlerei mit der Tat spielt unter anderem ein Sicherungs­splint einer Handgranat­e eine Rolle, der in der Wohnung des Angeklagte­n gefunden worden war.

Die Indizienke­tte der Staatsanwa­ltschaft klingt schlüssig. Zudem stützt sie sich auf Gutachten von Sachverstä­ndigen und Zeugen.

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