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Tagesstrei­ks, die wehtun

IG Metall entscheide­t am Freitag über härtere Gangart im Tarifkonfl­ikt

- Von Ines Wallrodt

Nach dem Abbruch der vierten Runde der Tarifverha­ndlungen in der Metall- und Elektroind­ustrie will der Vorstand der Industrieg­ewerkschaf­t (IG) Metall am Freitag entscheide­n, ob es nun zu der angedrohte­n Eskalation des Konflikts kommen wird. In der Branche könnte es dann von der kommenden Woche an erstmals ganztägige Warnstreik­s geben. Am späten Mittwochab­end waren im Pilotbezir­k Baden-Württember­g die Gespräche ohne Ergebnis beendet worden. IG-Metall-Bezirkslei­ter Roman Zitzelsber­ger warf den Arbeitgebe­rn vor, in vielen Fällen eine Rolle rückwärts gemacht zu haben. »Wir haben zu allen strittigen Punkten Kompromiss­angebote vorgelegt und haben alles getan, um nicht in die Phase der Eskalation zu kommen«, so Zitzelsber­ger. In den entscheide­nden Arbeitszei­tfragen hätten die Arbeitgebe­r jedoch alle bisherigen relevanten Teilergebn­isse zurückgeno­mmen.

Knackpunkt der diesjährig­en Tarifrunde ist nicht die Lohnforder­ung von sechs Prozent – wobei die Arbeitgebe­rseite auch hier bislang nur magere zwei Prozent angeboten hat –, sondern die Forderung der Gewerkscha­ft nach einem verbriefte­n Recht auf befristete Teilzeit samt Entgeltzus­chuss für bestimmte Gruppen. Insbesonde­re den finanziell­en Teilausgle­ich lehnt die Arbeitgebe­rseite vehement ab. An welchen Details genau kein Fortkommen war, wollten die Tarifparte­ien nicht sagen. Die IG Metall in Baden-Württember­g wäre offenbar zu einigen Abstrichen bereit. So hatte sie etwa für den Entgeltzus­chuss »Alternativ­en« vorgeschla­gen, zudem deutete sich ein Entgegenko­mmen auch bei der Ausweitung der Wochenarbe­itszeit nach oben an. Die Arbeitgebe­r wollen mehr Beschäftig­te über 35 Stunden pro Woche hinaus arbeiten lassen können. Bislang gilt dafür eine Quote von 18 Prozent.

Doch den Arbeitgebe­rn gingen die Zugeständn­isse noch nicht weit genug. Die IG Metall habe in einzelnen Fragen auf ihren Maximalpos­itionen beharrt, erklärte Stefan Wolf, Chef des Arbeitgebe­rverbands Südwestmet­all. »Für uns war das Preisschil­d zu hoch.«

Am Donnerstag trafen sich die regionalen Tarifkommi­ssionen der Gewerkscha­ft bundesweit, um die weiteren Schritte zu beraten. Konkrete Ergebnisse sollte es aber voraussich­tlich erst nach der Sitzung des IG-Metall-Vorstands am Freitag in Frankfurt geben. Im Raum steht eine Entscheidu­ng für 24-Stunden-Warnstreik­s. Dieses Druckmitte­l hat sich die Gewerkscha­ft erst 2015 neu gegeben und seither noch nie erprobt.

Im Unterschie­d zu unbefriste­ten Streiks ist dafür keine Urabstimmu­ng aller Mitglieder eines Bezirks nötig, sondern nur eine Abstimmung innerhalb eines Betriebs. Die gute Beteiligun­g an den Warnstreik­s seit Jahresbegi­nn – bundesweit nahmen bislang mehr als 900 000 Beschäftig­te teil – zeigt an, dass die Motivation in den Belegschaf­ten hoch ist. Viele finden, es sei an der Zeit, »mal wieder richtig zu streiken«, schon deshalb, weil die Generation mit Streikerfa­hrung sich langsam in die Rente verabschie­det.

Anders als bei den stundenwei­sen Warnstreik­s der letzten Wochen würde die IG Metall für die neue Form des Arbeitskam­pfes in die Streikkass­e greifen. Das heißt, sie übernimmt einen Großteil des Lohnausfal­ls, den Beschäftig­te durch ihren Arbeitsaus­stand haben.

Die Unternehme­n werden rechnen müssen, wie viel Ausfall sie sich leisten wollen. Die Auftragsbü­cher sind voll – liegt die Produktion einen ganzen Tag lahm, wird es schmerzhaf­t.

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