Hitler und das Kapital
1933 wäre die Machtübertragung an Hitler und seine Partei nicht möglich gewesen ohne den Willen der ökonomischen Eliten. Krieg, Holocaust, Millionen Tote, ein zerstörtes Europa – all das wäre uns erspart geblieben, wenn die »Räte der Götter« nicht ihre Macht ausgeübt hätten.
Nach 1945 war allgemein die Erkenntnis verbreitet, dass die kapitalistischen Unternehmen und ihre Führungen nie wieder so viel Macht erlangen dürfen wie vor 1933. Im Ahlener Programm der CDU von 1947 hieß es: »Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund auf erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Wirtschafts- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinwirtschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht.«
Es ist anders gekommen. Doch es gibt noch immer die Möglichkeit, an die Erkenntnisse von 1947 anzuknüpfen. Das Grundgesetz und die Länderverfassungen kennen Sozialisierungsartikel. Das Bundesverfassungsgericht entschied in einem Grundsatzurteil im Jahre 1954: »Die gegenwärtige Wirtschafts- und Sozialordnung ist zwar eine nach dem Grundgesetz mögliche Ordnung, keineswegs aber die allein mögliche.« Das Urteil gilt bis heute. Dennoch verhalten sich viele Gerichte und der Verfassungsschutz so, als wäre der Kapitalismus gleichzusetzen mit der Verfassung. Kapitalismuskritik gilt als verfassungsfeindlich.
Dieses Buch ist eine Anklageschrift, wie sie nie ein Staatsanwalt im Lande geschrieben hat – wie sie aber notwendig gewesen wäre.
Aus dem Vorwort von Ulrich Sander zu dem Buch von Günter Gleising »Verbrechen der Wirtschaft. Der Anteil der Wirtschaft an der Errichtung der Nazidiktatur, der Aufrüstungsund Kriegspolitik im Ruhrgebiet 1925–1945« (RuhrEcho-Verlag, 267 S., br., 18 €).