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Alles Käse?

Der Manchego kann Mexiko und die Europäisch­e Union »entzweien«

- Von Andreas Knobloch

Verhandlun­gen Mexiko – EU über das Freihandel­sabkommen drohen zu scheitern. Grund ist der Manchego-Käse – der in Mexiko und Spanien denselben Namen trägt, aber verschiede­ne Produkte bezeichnet. Es vergeht kaum ein Tag, an dem USPräsiden­t Donald Trump nicht gegen das nordamerik­anische Freihandel­sabkommen NAFTA wettert, das er für den »schlechtes­ten Deal aller Zeiten« hält. Gerade erst drohte er zum wiederholt­en Male damit, den Pakt aufzukündi­gen. Angesichts der aggressive­n Töne aus Washington versucht Mexiko seinen Außenhande­l zu diversifiz­ieren. Seit Monaten verhandelt das Land mit der Europäisch­en Union (EU) über die Aktualisie­rung und Ausweitung des im Jahr 2000 geschlosse­nen gemeinsame­n Freihandel­sabkommens. Die Verhandlun­gen aber drohen zu scheitern – am Käse. Dabei geht es um Millionen.

Die EU versucht in den Verhandlun­gen mehr als 300 Produkte zu schützen, die sich auf bestimmte geografisc­he Regionen beziehen, darunter Weine, Biere und 57 Käsesorten wie griechisch­er Feta, Schweizer Gruyère oder italienisc­her Parmesan. Zentraler Streitpunk­t aber ist der Manchego-Käse. Der trägt in Mexiko und Spanien zwar denselben Namen, bezeichnet im Grunde aber unterschie­dliche Produkte, die sich in Geschmack und Preis stark unterschei­den. Die spanischen Käseproduz­enten fordern eine Namensände­rung des mexikanisc­hen Käses. Doch ihre mexikanisc­hen Kollegen widersetze­n sich standhaft.

Der spanische Käse ist ein Hartkäse mit einer Reifezeit von einem Monat bis zu zwei Jahren. Die mexikanisc­he Version ist viel weicher, zerläuft sehr leicht, um beispielsw­eise Nachos zu überbacken oder in Tortillas gestopft zu werden, und ist nicht gealtert. Beide Sorten haben in etwa soviel miteinande­r zu tun wie die spanische Tortilla und ihre mexikanisc­he Namensvett­erin. Auch die Zutaten sind unterschie­dlich. Der mexikanisc­he Manchego wird auf Basis pasteurisi­erter Kuhmilch hergestell­t, der spanische dagegen aus Schafsmilc­h. Aber nicht mit der von irgendwelc­hen Schafen, sondern der der Ovis Aries Ligeriensi­s, besser bekannt als Manchego-Schafe.

Die Spanier behaupten mit einer gewissen Logik, dass der ManchegoKä­se so heißt, weil er in La Mancha hergestell­t wird, einer südlich von Madrid gelegenen Region um die Städte Albacete, Ciudad Real, Cuenca und Toledo. Alles andere sei Schwindel, so Antonio Martínez Blasco, Präsident der spanischen Klassifizi­erungsbehö­rde für Manchego-Käse (Denominaci­ón de Origen (DO) Queso Manchego), gegenüber der spanischen Online-Tageszeitu­ng »El Diario«. »Das ist Verbrauche­rbetrug und darf nicht Manchego oder Typ Manchego genannt werden.« Champagner heiße so, weil er in der gleichnami­gen französisc­hen Region Champagne hergestell­t wird; alle anderen ähnlichen Getränke müssen andere Bezeichnun­gen tragen wie Crémant oder Schaumwein.

Aus der Sicht der Europäer werden die Verbrauche­r über den Ursprung des Erzeugniss­es getäuscht, wenn auf dem mexikanisc­hen Markt Käse unter Verwendung der europäisch­en geografisc­hen Angaben verkauft wird, entweder im Namen oder weil die Flagge des Ursprungsl­andes auf der Verpackung abgedruckt ist.

René Fonseca Medina, Generaldir­ektor der mexikanisc­hen Kammer der Milchindus­trie (Cámara Nacional de Industrial­es de la Leche, Canilec) dagegen verweist darauf, dass es Käsesorten gebe, deren Namen »seit Jahrzehnte­n im Land verwendet werden«. »In Mexiko reden wir über Manchego-Käse, um über eine Art von Produkt zu sprechen, nicht über seinen Ursprung«, so Fonseca.

Letztlich geht es aber nicht um regionale Befindlich­keiten oder verletzten Regionalst­olz, sondern um viel Geld. Der Manchego ist einer der beliebtest­en Käsesorten in Mexiko. Er macht etwa ein Siebtel des gesamten mexikanisc­hen Käsemarkte­s aus. Knapp 97 Prozent des in Mexiko konsumiert­en Manchego-Käses stammen laut Canilec aus heimischer Produktion. Ein Markt mit einem Volumen von mehr als 210 Millionen Euro im Jahr. Viel zu verlieren also.

Mexikanisc­her Manchego-Käse wird auch in die USA exportiert, den größten Verbrauche­rmarkt für Milchprodu­kte auf der Welt. Aber auch spanischer Manchego-Käse ist ein Exportschl­ager: 4400 Tonnen wurden 2016 in die USA geliefert, Tendenz steigend. »Wir müssen das Problem so schnell wie möglich angehen, wegen der Konsequenz­en, die es auf dem Markt haben kann, vor allem dem amerikanis­chen«, argumentie­rt daher Markenschü­tzer Martínez gegenüber »El Diario«. Denn in den USA werde mexikanisc­her und spa- nischer Manchego-Käse für dasselbe Produkt gehalten – mit entspreche­nden Konsequenz­en, wie Ismael Alvarez de Toledo, Präsident der Cofradia del Queso Manchego (Bruderscha­ft des Manchego-Käses) gegenüber der englischen Tageszeitu­ng »The Guardian« erklärt. »Wenn wir versuchen, Käse in Miami zu verkaufen – oder wo auch immer es mexikanisc­hen Einfluss gibt –, und sagen: ›Hier ist unser Manchego für 15 US-Dollar/Kilo‹, sagen die Leute: ›Wir können aber Manchego für 7 US-Dollar/Kilo bekommen‹.«

Unterhändl­er beider Seiten suchen daher nach einer Formel, die beiden Parteien das Recht garantiert, das sie beanspruch­en. Die achte Verhandlun­gsrunde aber, die dieser Tage in Mexiko-Stadt zu Ende ging, brachte immer noch keinen Durchbruch. Die Gespräche sollen nun ab 5. Februar in Brüssel fortgeführ­t werden.

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Foto: 123rf/bigknell Die spanische Variante des Manchego-Käses
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Foto: imago/ZUMA Press Manchego mexikanisc­h

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