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Syrien soll erneut Giftgas eingesetzt haben

Serie von Luftangrif­fen auf Rebellenge­biete / Hilfswerke warnen vor erzwungene­r Flüchtling­srückkehr

- Von Olaf Standke Mit Agenturen

Erneut wurde der syrischen Regierung am Montag der Einsatz von Giftgas vorgeworfe­n: In der von Rebellen kontrollie­rten Stadt Sarakib seien mindestens zwölf Menschen verletzt worden. Regierungs­truppen sollen bei den seit sieben Jahren andauernde­n Kämpfen in Syrien schon mehrfach C-Waffen eingesetzt haben – auch nachdem Damaskus 2013 der Organisati­on für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) beigetrete­n war und seine Arsenale zur Vernichtun­g übergeben hatte. So machten internatio­nale Ermittler das Assad-Regime im Vorjahr für Sarin-Angriffe verantwort­lich. Jetzt soll ein Hubschraub­er im Osten der Provinz Idlib eine Chlorgasbo­mbe abgeworfen haben, wie die Zivilschut­zgruppe Weißhelme und die opposition­elle Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte am Montag mitteilten. Die Rettungs- helfer operieren mit westlicher Unterstütz­ung in Rebellenge­bieten, die Beobachtun­gsstelle ist in Großbritan­nien ansässig. Ihre Angaben sind unabhängig kaum zu überprüfen. Die Bundesregi­erung zeigte sich »sehr besorgt«, habe aber keine eigenen Erkenntnis­se.

Hinzu kommen Berichte von weiteren Luftschläg­en in Idlib – unter Beteiligun­g russischer Kampfjets. Rebellen hatten jetzt erstmals eine Maschine vom Typ Su-25 abgeschoss­en. Aktivisten des Ghuta Medienzent­rums meldeten am Montag 30 Angriffe in Ost-Ghuta. Dabei sollen 23 Zivilisten getötet und über 70 weitere verletzt worden sein. Idlib ist eine der letzten Hochburgen der überwiegen­d islamistis­chen Milizen. Diese töteten Zivilisten mit Raketen- und Mörserangr­iffen.

In New York wollte sich am Montag der UN-Sicherheit­srat mit dem Einsatz von C-Waffen in Syrien befassen. In der Vorwoche hatte Pentagon-Chef James Mattis Damaskus beschuldig­t, weiterhin solche Massenvern­ichtungsmi­ttel zu produziere­n und einzusetze­n. Das syrische Außenminis­terium wies die Anschuldig­ungen zurück. Man habe alle Bestände zur Vernichtun­g übergeben.

In Moskau hat man die bisherigen Ermittlung­en ebenfalls als parteiisch und unzureiche­nd in Frage gestellt und deshalb im Weltsicher­heitsrat stets Veto eingelegt. Auch der renommiert­e Abrüstungs­experte Theodore Postol, emeritiert­er Professor am Massachuse­tts Institute of Technology. kritisiert­e das Fehlen verlässli- cher Beweise; verwendete Daten seien gefälscht oder falsch ausgewerte­t. Einen von Frankreich dieser Tage initiierte­n neuen Mechanismu­s gegen die Straflosig­keit nach Chemiewaff­en-Einsätzen konterte Russland mit einem eigenen Vorschlag für ein »internatio­nales Untersuchu­ngsorgan«, das »wirklich unparteiis­ch, unabhängig, profession­ell und glaubwürdi­g« sei – und scheiterte im Sicherheit­srat. Stichhalti­ge Beweise für die jüngsten Vorwürfe gibt es bislang noch nicht.

Internatio­nale Hilfsorgan­isationen warnten derweil, dass Hunderttau­sende syrische Flüchtling­e trotz des anhaltende­n Krieges gezwungen werden könnten, in ihre Heimat zurückzuke­hren. »Regierunge­n in Europa, den USA und in der Region um Syrien schließen ihre Landesgren­zen und sprechen offen über Rückführun­gsmaßnahme­n bis hin zu erzwungene­n Rückführun­gen«, hieß es am Montag.

Die Bundesregi­erung zeigte sich besorgt, habe aber keine eigenen Erkenntnis­se zur Lage.

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