Regierungsbildung auf letzten Metern
GroKo-Knackpunkte bis zuletzt offen
Berlin. In den Verhandlungen von Union und SPD über eine Neuauflage der Großen Koalition mehren sich die Anzeichen dafür, dass ein Koalitionsvertrag erst an diesem Dienstag vorgestellt wird. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen rechneten die Teilnehmer damit, dass sich die Gespräche bis in den späten Montagabend ziehen.
Am Vormittag hatte der SPD-Vorsitzende Martin Schulz eine Einigung der Verhandler auf eine gemeinsame Europapolitik verkündet. Zuvor hatten die Parteien die bis dahin offenen Punkte Wohnungsbau und Mieten sowie Digitalisierung als erledigt gemeldet. Offen waren bis zuletzt die von den Sozialdemokraten verlangte Eindämmung von befristeten Arbeitsverhältnissen sowie eine grundlegende Änderung in der Gesundheitspolitik.
Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, sprach der Großen Koalition jeden ernsthaften Erneuerungswillen und jede »visionäre Substanz« ab. Von Union und SPD sei nichts als ein neoliberales »Weiter so« zu erwarten.
Berlin. Union und SPD wollen einen Rechtsanspruch auf schnelles Internet einführen – und zwar spätestens bis 2025. Dies werde eintreten, sofern die Breitband-Ziele bis dahin verfehlt würden, erklärte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil dazu. In der laufenden Legislaturperiode soll zudem ein Fonds mit zehn bis zwölf Milliarden Euro aufgelegt werden, um den Breitbandausbau in Deutschland voranzutreiben. Das verein- barten die Unterhändler einer dritten Großen Koalition seit 1990 zum Bereich Digitalisierung.
Die Pläne für einen Rechtsanspruch auf schnelles Internet stießen bei Industrieverbänden bereits am Montag auf Kritik. Damit sei nichts erreicht, und es blieben viele Fragen ungeklärt, sagte Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Digitalverbands Bitkom. Allein die Ankündigung eines diffusen Rechtsanspruchs habe bei den investierenden Unternehmen bereits für starke Verunsicherung gesorgt, sagte Rohleder. »Wer kommt für die Kosten des Anschlusses auf? Wird eine sogenannte Universaldienstverpflichtung und damit ein extrem bürokratischer Umverteilungsmechanismus eingeführt?«
Als Folge der Rechtsunsicherheit würden Investoren Gelder zurückhalten und Unternehmen ihre Ausbaupläne überprüfen und eventuell auf Eis legen, so begründet Bitkom seine Warnung. »Mit einem Rechtsanspruch auf superschnelles Internet läuft man Gefahr, Gigabit-Deutschland auszubremsen«, warnte Rohleder. Bereits am vergangenen Freitag hatte auch der Internet-Verband eco die Pläne kritisiert.
Gerade im ländlichen Raum soll die Digitalisierung vorangetrieben werden. Die ländlichen Strukturen sind der Auskunft der an den Verhandlungen Beteiligten zufolge generell ein Hauptaugenmerk der angestrebten Großen Koalition. Drei Viertel der mehr als 45 Milliarden Euro, die eine GroKo insgesamt zusätzlich verteilen würde, kommen nach Angaben des Ministerpräsidenten von SachsenAnhalt, Reiner Haseloff (CDU), den Kommunen zugute.