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Dresdner Moschee-Bomber wollte ein Fanal

Radikalisi­erter Pegida-Redner bekennt sich zu Anschlägen

- Von Hendrik Lasch, Dresden

Im Prozess um den Anschlag auf eine Dresdner Moschee im Herbst 2017 hat der Angeklagte die Tat gestanden. Der einstige Redner bei Pegida sagte, er habe »ein Zeichen« setzen wollen. Nachdem die Bombe am Abend des 26. September 2016 vor der Tür des unscheinba­ren Hauses im Dresdner Stadtteil Cotta hochgegang­en war, fanden Ermittler überall im Hof deren Überreste. Ein Blechdecke­l in der Einfahrt des Nachbargru­ndstücks war mit Filzstift beschrifte­t: »Mosche«, stand darauf. So unvollkomm­en wie die Rechtschre­ibung war wohl auch der Sprengsatz, den Nino K. baute und vor der in dem Haus ansässigen Ditib-Fatih-Camii-Moschee platzierte. Dass der in seiner Wohnung befindlich­e Imam, seine Frau und die zwei kleinen Söhne nicht zu Schaden kamen, liegt nach Ansicht der Staatsanwa­ltschaft Dresden nur daran, dass die Bombe nicht richtig zündete.

Dass er die Explosion verursacht­e, hat der Täter jetzt gestanden. »Ich bekenne mich schuldig«, sagte der 31jährige K. am zweiten Tag des Prozesses, in dem er vor dem Landgerich­t Dresden angeklagt ist. In einer kurzen, von ihm selbst verlesenen Erklärung räumte er auch ein, dass er die Tat bereue. Während ihm die Anklage neben der Sprengstof­fexplosion auch versuchten Mord und versuchte schwere Körperverl­etzung in vier Fällen zur Last legt, betonte der durch eine DNA-Spur überführte Täter, er habe nicht beabsichti­gt, Menschen zu verletzen oder gar »in Gefahr des Todes« zu bringen. Geplant habe er indes »einen Feuerball und einen lauten Knall«, die gewisserma­ßen ein Fanal sein sollten: »Ich wollte ein Zeichen setzen.«

Welcher Art das Zeichen sein sollte, führt K. im Gerichtssa­al nicht näher aus. Wer sich auf Video die Rede anhört, die er im Sommer 2015 auf einer Bühne auf dem Dresdner Altmarkt hielt, ahnt indes, warum sich der Anschlag gegen die äußerlich nicht als solche erkennbare Moschee richtete. K. trat damals auf einer Kundgebung von Pegida auf; Cheforgani­sator Lutz Bachmann begrüßte ihn als »unseren Nino«. In seiner Ansprache verlas K. einen Brief, den er angeblich an Bundeskanz­lerin Angela Merkel geschickt haben wollte. Darin wird Merkel selbst als »Volksverrä­terin« bezeichnet, Migranten, Linke und Grüne werden bepöbelt – und der Islam zur »Massenvern­ichtungswa­ffe« erklärt. Sollte die Bundesre- gierung ihre Flüchtling­spolitik nicht ändern, droht der Absender des Briefes, werde es zum Bürgerkrie­g kommen.

Gut ein Jahr später sah der junge Mann wohl die Zeit zum Handeln gekommen. Der »bekennende PegidaAnhä­nger« habe sich im Umfeld des islamfeind­lichen Bündnisses radikalisi­ert, heißt es in der von Oberstaats­anwalt Ricardo Schulz verlesenen Anklage. Sein Ziel sei »mittelfris­tig auch die Vertreibun­g der Muslime aus Deutschlan­d« gewesen. Dazu diente der vor der Moschee gezündete Sprengsatz, der, wie Ermittlerf­otos vom Tatort zeigen, neben mit Gas gefüllten Kartuschen auch Flaschen mit Grillanzün­der enthielt; zudem war Kohleanzün­der durch die Druckwelle weiträumig in dem Hinterhof verteilt worden. Die Tür ins Innere der Moschee war angekohlt, das Mauerwerk verrußt.

Daneben wollte K. wohl auch ein zweites »Zeichen« setzen. Gut 20 Minuten nach dem ersten jagte er einen zweiten Sprengsatz in die Luft: auf dem Dach des Internatio­nalen Kongressze­ntrums am Ufer der Elbe. In dem Gebäude war wenige Tage später ein Auftritt von Bundespräs­ident Joachim Gauck geplant. Anlass war die zentrale Feier zum Tag der deutschen Einheit, die 2016 in Sachsens Landeshaup­tstadt ausgericht­et wurde – und die durch üble Pöbeleien von Pegida-Anhängern gegen Bundespoli­tiker und andere Festgäste in Erinnerung ist.

Womöglich hatte K., der als Klimatechn­iker arbeitete und schließlic­h im Dezember 2016 auf einer Baustelle in Hessen verhaftet wurde, weitere Anschläge geplant. Den Ermittlern zufolge soll er zwei Sprengsätz­e in der Elbe versenkt haben. Bei der Durchsuchu­ng seiner Wohnung fand sich noch eine weitere Bombe Marke Eigenbau, diesmal ausgerüste­t mit zwei Zeitschalt­uhren. Allerdings bestreitet der Angeklagte, weitere Anschläge erwogen zu haben: Der Bausatz sei in diesem Fall nur »für Silvester als eine Art Feuerwerk« gedacht gewesen.

Womöglich hatte K., der als Klimatechn­iker arbeitete und schließlic­h im Dezember 2016 auf einer Baustelle in Hessen verhaftet wurde, weitere Anschläge geplant.

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Foto: dpa/Sebastian Kahnert Die Spuren des Anschlags waren deutlich an dem Moschee-Gebäude zu erkennen.

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