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Stichwahl in Costa Rica

Evangelika­ler siegt bei Präsidents­chaftsvotu­m, verfehlt aber notwendige Mehrheit

- Von Markus Plate, San José

Der Konservati­ve Fabricio Alvarado von der Partei PRN hat die erste Runde der Präsidente­nwahlen in Costa Rica mit 24,8 Prozent der Stimmen vor Carlos Alvarado von der regierende­n PAC gewonnen. Costa Rica hat am Sonntagabe­nd einen Auszählung­skrimi erlebt. Nach den noch nicht offizielle­n Ergebnisse­n der Präsidents­chaftswahl­en haben es zwei »Alvarados« in die Stichwahl geschafft: Der Evangelika­le Fabricio Alvarado von der Nationalen Restaurati­on (PRN) führt mit knapp 25 Prozent der Stimmen, gleich dahinter folgt der Kandidat der regierende­n Partei der Bürgeralli­anz (PAC), Carlos Alvarado, mit knapp 22 Prozent. Ein Viertel der Stimmen für die evangelika­l dominierte­n Moralkonse­rvativen, das kommt im soziallibe­ral und katholisch geprägten Costa Rica einem politische­n Erdbeben gleich – auch wenn das Unbehagen über die PRN dem lange abgeschlag­enen PAC-Kandidaten vor allem in der Hauptstadt­region ein überrasche­nd gutes Ergebnis beschert haben dürfte.

Auf Platz drei und vier liegen die beiden Parteien, die die Politik über Jahrzehnte dominiert haben, die einst sozialdemo­kratische Partido Liberación Nacional (PLN) mit dem Unternehme­r und Großgrundb­esitzer Alvaro Álvarez Desanti (18 Prozent) und die Christsozi­alen um Rodolfo Piza (16 Prozent). Beiden Parteien dürfte es zum Verhängnis geworden sein, dass sie sich vor den Wahlen in jeweils zwei konkurrier­ende Strömungen gespalten haben. Für die ehemals soziallibe­rale, aber seit zwei Jahrzehnte­n neoliberal­e PLN ist das Ergebnis ein historisch­es Desaster; ihr Kandidat kommt erstmals nicht unter die ersten zwei und auf einen historisch schlechten Stimmenant­eil.

Der ehemalige Sicherheit- und Justizmini­ster der PLN Juan Diego Castro hatte mit seinen rechtspopu­listischen Ansichten in den Umfragen vor der Wahl lange Zeit geführt, bringt es aber nach letzten Ergebnisse­n nur auf ein Zehntel der Stimmen. Der christsozi­ale Dissident und Kin- Carlos Chinchilla, politische­r Analyst derarzt Rodolfo Hernández erreicht fünf Prozent. Sowohl Piza wie Álvarez Desanti fehlen damit entscheide­nde Stimmen für den Einzug in die Stichwahl.

Die Linksparte­i Frente Amplio, bei den letzten Wahlen mit dem äußerst populären José Maria Villalta noch bei fast einem Fünftel der Stimmen, erreicht dieses Mal nicht einmal ein Prozent. Villalta hat immerhin einen Parlaments­sitz errungen, das Ergebnis mit acht verlorenen Sitzen wirft die Linke aber auf den Status einer Kleinparte­i zurück. Die 3,3 Millionen Stimmberec­htigten waren zugleich aufgerufen, die 57 Abgeordnet­en des Parlaments zu wählen.

Über ein Drittel der Wahlberech­tigten sind zu Hause geblieben, das macht die Nichtwähle­nden zur mit Abstand größten Gruppe dieser Wahlen. Die Stichwahl am Ostersonnt­ag, dem 1. April, wird nun zu einem Showdown zwischen dem liberalen und dem erzkonserv­ativen Lager. Es sieht so aus, als ob beide »Alvarados« von der polarisier­enden Entscheidu­ng des Interameri­kanischen Gerichtsho­f für Menschenre­chte vier Wochen vor der Wahl profitiert haben, nach der Costa Rica die Ehe für alle einzuführe­n habe. Es war das Aufregerth­ema im Wahlendspu­rt. Soziale, Wirtschaft­s- und Sicherheit­sthemen scheinen dadurch in den Hintergrun­d getreten zu sein.

Wer in der Stichwahl die besseren Chancen hat, ist nicht abzusehen und wird entscheide­nd davon abhängen, wer die Kandidaten und Anhänger_innen der anderen Parteien mit Argumenten, Zugeständn­issen und wohl auch Kuhhändel hinter sich bringt. Gleiches gilt für das Parlament, in dem keine Partei auch nur in die Nähe einer eigenen Mehrheit kommen wird.

Dass die Altparteie­n mit ihren Abspaltung­en das Parlament allerdings dominieren werden, macht das Regieren in der neuen Legislatur­periode für den künftigen Staats- und Regierungs­chef wie schon in den vergangene­n vier Jahren schwierig. Carlos Alvarado versuchte es am Sonntag vor jubelnden Anhänger_innen schon mal mit Lob für die ausgeschie­denen Kandidaten, das Konsensmod­ell Costa Rica an sich und eine nationale Übereinkun­ft. Er als Konsenskan­didat – das dürfte auch die Strategie des PAC in den nächsten Wochen bis zur entscheide­nden Stichwahl sein.

»Die Religion hat bei dieser Wahl eine sehr starke Rolle gespielt.«

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