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Einsam jubelt Müller

GroKo-Vereinbaru­ngen zu Mieten begeistern nicht

- Von Nicolas Šustr

Als »große Erfolge« sieht der SPDLandesv­orsitzende Michael Müller die Vereinbaru­ngen mit der CDU in der Wohnungs- und Mietenpoli­tik. Berliner Mietervert­reter halten die Maßnahmen für nicht ausreichen­d. »Wir werden die Mietenbrem­se schärfen, Luxusmoder­nisierung stoppen und zwei Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsne­ubau zusätzlich investiere­n«, zitiert die Berliner SPD auf Twitter den Regierende­n Bürgermeis­ter und Landesvors­itzenden Michael Müller. In den Koalitions­verhandlun­gen mit CDU und CSU im Bund war Müller federführe­nd für diesen Bereich zuständig. »Besonders die Schärfung der Mietenbrem­se und die Absenkung der Modernisie­rungsumlag­e sind große Erfolge«, erklärt Müller. Lauthals bezeichnet die SPD das Ergebnis sogar als »Neuanfang in der Bau- und Mietenpoli­tik«. Auch die Berliner CDU lobt die Ergebnisse bei Bauen und Wohnen.

Bekannt geworden sind vier Themen. Erstens soll ein Baukinderg­eld von 1200 Euro pro Kind und Jahr eingeführt werden. Außerdem wurden zwei Milliarden Euro zusätzlich bundesweit in der laufenden Legislatur für den Bau von Sozialwohn­ungen zur Verfügung stehen. Die Mietpreisb­remse soll schärfer werden, unter anderem sollen Vermieter verpflicht­et werden, die alte Miete offenzuleg­en. Änderungen soll es auch bei der Modernisie­rungsumlag­e für Mietwohnun­gen geben. Von elf Prozent jährlich soll sie auf acht Prozent sinken. Außerdem sollen maximal drei Euro pro Quadratmet­er umgelegt werden dürfen.

Die Ergebnisse seien ein erster Schritt, sagt Iris Spranger, mietenpoli­tische Sprecherin der SPD-Abgeordnet­enhausfrak­tion. »Wir hoffen sehr, dass in der Legislatur noch einmal etwas gemacht wird«, erklärt die Politikeri­n. Zum Beispiel sollten Bundesrats­initiative­n ernster genommen werden. »Es ist ein halber Erfolg, der besser ist als das, was am Anfang auf dem Zettel stand.« Auch Juso-Landeschef­in Annika Klose ist mäßig begeistert. »Was Berlin bräuchte, wäre ein massives Umsteuern«, sagt Klose. Sie glaubt nicht, dass das mit der Union zu machen sei.

»Leider lösen die Vereinbaru­ngen die Probleme nicht«, sagt Reiner Wild, Geschäftsf­ührer des Berliner Mietervere­ins (BMV) auf nd-Anfrage. »Viel zu dürftig« seien die Regelungen bei der Umlage. »Eine Kappung bei drei Euro pro Quadratmet­er bedeutet bei einer typischen Berliner Kaltmiete von fünf Euro pro Quadratmet­er 60 bis 70 Prozent Erhöhung«, rechnet Wild vor. Das zusätzlich­e Geld für Sozialwohn­ungen helfe wenig, weil es dadurch »weder zusätzlich­e Wohnungsba­uflächen noch Investoren« gebe. »Man sollte das Geld lieber in die Einführung einer neuen Wohnungsge­meinnützig­keit stecken«, so Wild. Ohne Eingriffe in das Bodenrecht werde der Bau preiswerte­n neuen Wohnraums in relevanten Größenordn­ungen kaum möglich sein, erklärt Wild. »Im Bund bleibt es bei einer investoren­freund- lichen Wohnungspo­litik«, so das Fazit des BMV.

»Reine Mittelstan­dspolitik« sei die Einführung des Baukinderg­elds, sagt Rouzbeh Taheri, Sprecher des Mietenvolk­sentscheid­s. Die zusätzlich­en Mittel für den Sozialwohn­ungsbau seien ein Tropfen auf dem heißen Stein. »SPD und CDU haben sich auf zögerliche und nicht ausreichen­de Schritte geeinigt, die an der Gesamtprob­lematik für die Mieter nichts ändern«, so Taheri. Die Modernisie­rungsumlag­e müsse »radikal gekappt« werden, außerdem fordert ebenso, eine neue Wohnungsge­meinnützig­keit einzuführe­n.

»Das Baukinderg­eld ist für die Städte überhaupt kein Angebot«, so Katrin Schmidberg­er, Wohnungsex- pertin der Grünen im Abgeordnet­enhaus. Das sei typische Klientelpo­litik der Großen Koalition: »Man gibt sich familienfr­eundlich, aber den Menschen, die wirklich auf Unterstütz­ung angewiesen sind, hilft es nicht.«

»Die Wohnungswi­rtschaft in Berlin wünscht sich von einer neuen Bundesregi­erung vor allem ein klares Zeichen für mehr bezahlbare­n Neubau«, erklärt David Eberhart, Sprecher des Verbands Berlin-Brandenbur­gischer Wohnungsun­ternehmen. Dabei komme es vor allem darauf an, was in den folgenden vier Jahren tatsächlic­h umgesetzt werde. »Hier ist die bisherige Bundesregi­erung mit Blick auf Kosten und Dauer von Bauprojekt­en hinter den selbst gesteckten Erwartunge­n zurückgebl­ieben«, so Eberhart.

»Im Bund bleibt es bei einer investoren­freundlich­en Wohnungspo­litik.« Reiner Wild, Geschäftsf­ührer Berliner Mietervere­in

 ?? Foto: dpa/Jörg Carstensen ?? Der Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) mit seinem besten Freund, dem Baukran.
Foto: dpa/Jörg Carstensen Der Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) mit seinem besten Freund, dem Baukran.

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