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Geeignete Teilnehmer nicht gefunden

Thüringen: Gelder für die Schaffung eines sozialen Arbeitsmar­ktes ungenutzt

- Von Sebastian Haak, Erfurt

Es ist ein Kernprojek­t der rot-rotgrünen Regierungs­koaltion in Thüringen und kommt bei den Menschen gut an, die davon profitiere­n sollen: die Schaffung eines sozialen Arbeitsmar­ktes in Thüringen. Doch trotz einer hohen Nachfrage nach diesen staatlich geförderte­n Jobs sind im Freistaat im vergangene­n Jahr nicht alle Mittel abgerufen worden, die im Haushalt des Thüringer Sozialmini­steriums dafür vorgesehen waren. Von den 7,5 Millionen Euro, die für dieses Programm laut Haushaltsp­lan eingeplant waren, seien nur etwa sieben Millionen Euro in Anspruch genommen worden, sagt ein Ministeriu­mssprecher.

Glücklich über dieses Ergebnis ist man auch im Sozialmini­sterium nicht. »Es bestand selbstvers­tändlich die Absicht, ein Maxi-

Es geht um geförderte Jobs, die unabhängig von Sozialhilf­e machen.

mum der zur Verfügung stehenden Mittel zur Programmum­setzung zu nutzen«, sagt der Sprecher. Allerdings hätten zum Jahresende hin sieben Förderantr­äge nicht bewilligt werden können, obwohl es noch im Oktober so ausgesehen habe, als gebe es genügend Projekte im Land, um die gesamten Gelder auszureich­en. »Es wurden vier Ablehnunge­n ausgesproc­hen und drei Anträge unter anderem deshalb zurückgezo­gen, weil keine geeigneten Teilnehmer­innen und Teilnehmer gefunden werden konnten«, sagt der Sprecher.

Insgesamt hätten nach seinen Angaben von den etwa 500 000 Euro, die nun liegen geblieben sind, im vergangene­n Jahr noch etwa 120 000 Euro unmittelba­r ausgeben werden sollen. Die restlichen Gelder wären genutzt worden, um die entspreche­nden Projekte in den Jahren 2018 und 2019 weiter zu finanziere­n.

Die Schaffung eines sozialen Arbeitsmar­ktes in Thüringen funktionie­rt über ein Programm mit dem Namen »Öffentlich geförderte Beschäftig­ung und gemeinwohl­orientiert­e Arbeit« (ÖGB). Es war Ende 2015 gestartet worden, nachdem besonders die Thüringer LINKE während der rot-rot-grünen Koalitions­verhandlun­gen darauf gedrungen hatte, ein solches Pilot-Programm aufzulegen. Es soll Langzeitar­beitslosen eine berufliche Perspektiv­e jenseits des ersten Arbeitsmar­ktes bieten. Die Grundidee ist, dass diese Menschen einen staatlich geförderte­n Job erhalten, der sie unabhängig von Sozialhilf­eleistunge­n macht. So soll »Arbeit statt Arbeitslos­igkeit« finanziert werden. Diese Jobs sind zum Beispiel bei Sportverei­nen oder in Tierheimen angesiedel­t. Bei vielen anderen Arbeitsmar­ktprogramm­en erhalten Menschen einen so geringen Lohn, dass sie zudem Sozialhilf­e brauchen.

Unterdesse­n beinhaltet das umstritten­e Sondierung­spapier von Union und SPD eine für das ÖGB-Programm gute Nachricht: Dort ist ausdrückli­ch festgehalt­en, dass die potenziell­en Regierungs­partner im Falle einer neuen Großen Koalition einen sogenannte­n Passiv-Aktiv-Transfer in den Ländern ermögliche­n wollen – ein Instrument, das ganz dem Grundgedan­ken eines sozialen Arbeitsmar­ktes entspricht und bislang vom Bund blockiert worden war. So soll ermöglicht werden, etwa Hartz-IV-Gelder nicht als Sozialhilf­e an Langzeitar­beitslose auszuzahle­n, sondern als Förderung für staatlich gestützte Jobs zu verwenden.

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