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Knochenjob in Paderborn

Nach dem Erstligaau­fstieg ging es für den SCP steil bergab. Jetzt kommt der FC Bayern

- Von Andreas Morbach, Paderborn

Markus Krösche ist eine Institutio­n beim SC Paderborn. Nach dem Absturz hat er ihn als Sportdirek­tor an die Spitze der 3. Liga geführt. »Freilos«, sagt er zum FC Bayern – dem Gegner im Pokalviert­elfinale. Über das Gesicht von Markus Krösche huscht ein freudiges Grinsen, als der Name Roger Schmidt fällt. »Ja klar, wir stehen noch regelmäßig in Kontakt«, erzählt der Sportdirek­tor des SC Paderborn über seinen einstigen Chef in Leverkusen. Zwei Jahre lang assistiert­e er seinem früheren Paderborne­r Mitspieler und Trainer bei Bayer 04. Und als Schmidt, der mittlerwei­le den chinesisch­en Erstligist­en Beijing Guoan coacht, seine beiden Innenraums­perren verbüßte, vertrat ihn Krösche insgesamt fünf Mal als Chef auf der Trainerban­k – Mit dem Pokalaus bei Drittligis­t Lotte im Elfmetersc­hießen als ultimative­m Tiefpunkt.

Der Horrortrip zu den Sportfreun­den ging am 25. Oktober 2016 über die Bühne, Krösche denkt mir großem daran zurück. »Mit acht Nationalsp­ielern haben wir es nicht geschafft, in der Verlängeru­ng eine 2:1Führung über die Bühne zu bringen. Das war eine extrem ärgerliche Situation«, erinnert sich der frühere Mittelfeld­spieler – dem jetzt, in neuer Rolle, wieder ein Höhepunkt ins Haus steht. Am Dienstagab­end kommt zum Viertelfin­ale im DFB-Pokal der FC Bayern zu Besuch. So weit hat es der SC Paderborn seit seiner Gründung vor 111 Jahren, damals noch unter dem Namen Arminia Neuhaus, im Pokal noch nie geschafft. »Ein Freilos«, witzelte Krösche, als Anfang Januar der Gegner für die Runde der letzten Acht feststand. Nun sagt der Sportdirek­tor zum prominente­n Besuch aus dem Freistaat: »Selbst für jeden Bundesligi­sten ist es schwer, Bayern München zu schlagen. Wir haben also überhaupt keinen Druck, können einfach frei aufspielen.«

Nach dem Wörtchen »einfach« atmet Krösche, der kurz vorher noch eine temperamen­tvolle Schulklass­e durch das Stadion des Drittligis­ten geführt hat, tief durch. Denn einfach war es beim SC Paderborn in den letzten Jahren eigentlich nie: Nach dem sensatione­llen Lauf von der dritten in die erste Liga binnen fünf Jahren ging es nach einem Jahr Bundesliga ab 2015 wieder in die andere Richtung. Mit nochmals erhöhter Geschwindi­gkeit – und vorübergeh­end verziert mit der Glamour-und-Skandal-Episode unter Steffen Effenberg, dem im März 2016 nach knapp fünfmonati­ger Tätigkeit geschasste­n Cheftraine­r. Abstieg folgte auf Abstieg, den unrühmlich­en Hattrick – Absturz in die Regionalli­ga – verhindert­e im Sommer 2017 nur der Rückzug von 1860 München aus dem Profifußba­ll. Drei Monate zuvor hatte Krösche mit dem Posten des Geschäftsf­ührers Sport in Paderborn einen echten Knochenjob übernommen. »Als ich kam«, sagt er, »war der Verein in einer ganz schwierige­n Situation. Dennoch habe ich mich dafür entschiede­n, weil ich an das Potenzial geglaubt habe, das dieser Verein hat.«

Mit dem machtbewus­sten Präsidente­n Wilfried Finke traf er bei den Vertragsve­rhandlunge­n klare Absprachen über die Zuständigk­eiten. »Wir telefonier­en täglich. Er ist über jeden Schritt informiert, den wir planen – auch strategisc­h. Aber ich kann hier ganz frei meine Philosophi­e und die sportliche Ausrichtun­g des Vereins verfolgen«, sagt Krösche – mit 354 Einsätzen Paderborns Rekordspie­ler im Profifußba­ll. Er fühle sich von Finke nicht kontrollie­rt, betont der gebürtige Hannoveran­er – der einen Monat nach seinem Einstieg den früheren Bundesliga­stürmer Steffen Baumgart als neuen Chefcoach nach Paderborn holte. Nach dem glücklich umgangenen Fall in die vierte Liga krempelte das sportliche Führungsdu­o den Kader radikal um: Klares Ziel war der Wechsel hin zu mutigem, dominantem Fußball. Das klappte ausgesproc­hen gut, unter Baumgart thront der mit sechs Millionen Euro verschulde­te Verein als offensivst­ärkstes Team souverän an der Spitze der dritten Liga.

Nun gastiert das dauersiege­nde Pendant aus der Bundesliga für einen Pokalabend in der 150000-Einwohner-Stadt. Die Minichance, die Bayern aus dem Cup zu kegeln und im Halbfinale noch mal Kasse zu machen, verliert aber rasch ihren Reiz – im Vergleich zum greifbar nahen Aufstieg. »Unser Fokus liegt klar auf der Liga, keine Frage«, sagt Markus Krösche. »Und das bleibt auch so.«

 ?? Foto: imago/pmk ?? Im Duell vor drei Jahren spielte Paderborn gegen Bayern noch in der Bundesliga, die Münchner um Lewandowsk­i (r.) siegten mit 6:0 gegen Lopez und Co. Nach dem Absturz, fast in Liga vier, hofft der SC auf ein Pokalwunde­r.
Foto: imago/pmk Im Duell vor drei Jahren spielte Paderborn gegen Bayern noch in der Bundesliga, die Münchner um Lewandowsk­i (r.) siegten mit 6:0 gegen Lopez und Co. Nach dem Absturz, fast in Liga vier, hofft der SC auf ein Pokalwunde­r.

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