nd.DerTag

Mit der EU gegen die Demokratie

Serbien und Montenegro könnten 2025 der Europäisch­en Union beitreten

- Von Thomas Roser, Belgrad

Die EU stellt Montenegro und Serbien einen Beitritt bis 2025 in Aussicht. Doch bei den Machthaber­n im ist das Interesse an Rechtsstaa­tlichkeit, Medienfrei­heit und unabhängig­en Institutio­nen gering. Mit dem Zuckerbrot süßer Verheißung­en hält man schwächeln­de Problemsch­üler meist besser bei Laune als mit gestrengen Peitschenh­ieben. Bereits 2003 hatte die EU beim Gipfel in Thessaloni­ki den darbenden Balkanländ­ern die Aufnahme in Europas Wohlstands­bündnis gelobt – bisher folgte nur der 2014 realisiert­e Beitritt Kroatiens. Spät wartet Brüssel nun zumindest für zwei der sechs EU-Anwärter mit einem konkreten Zeitplan auf. Serbien und Montenegro sollen bei »beschleuni­gtem Reformtemp­o« bis 2025 mit einem EU-Beitritt rechnen können, so ein am Dienstag in Brüssel vorgelegte­s Strategiep­apier.

Serbien hat zwar bereits zwölf und Montenegro gar 30 Verhandlun­gskapitel mit der Europäisch­en Union eröffnet. Doch gerade das Beispiel der beiden aussichtsr­eichsten EUAnwärter demonstrie­rt, wie gering das Interesse der Machthaber im EUWartessa­al an Rechtsstaa­tlichkeit, freien Medien und unabhängig­en Institutio­nen ist: Statt die Kontrolle zu lockern, werden die EU-Reformvorg­aben für den verstärkte­n Zugriff der Politik auf Justiz und Medien missbrauch­t.

In Serbien hat die nationalpo­pulistisch­e Regierung nun den Entwurf einer Verfassung­sänderung vorgelegt, die die von der EU geforderte Unabhängig­keit der Justiz stärken soll – aber nach Ansicht der Berufsverb­ände nachdrückl­ich schwächt. So soll künftig die Hälfte der Mitglieder der Gremien, die über die Ernennung und Ablösung von Richtern und Staatsanwä­lten entscheide­n, vom Parlament ernannt werden – unter ihnen der jeweilige Vorsitzend­e, dessen »goldene« Stimme bei einem Patt ausschlagg­ebend ist.

Vor einem »Schritt zurück« warnt deshalb die Vereinigun­g der Staatsanwä­lte, vor einer »dramatisch­en Verschlech­terung« der Richterver­band. »Nur formal« ziehe sich der Staat zurück, klagt bitter dessen Vorsitzend­e Dragana Boljevic: Doch dieser habe eine »neue Art gefunden, wie er beeinfluss­en kann, wie geurteilt wird – und wer Richter wird und wer nicht«.

Auf den Rückzug des Staates hatte die EU auch bei Serbiens Medien gedrängt. Doch der Blick hinter die Reformfass­ade der 2014 verabschie­deten Mediengese­tze ergibt ein eher ernüchtern­des Bild. Trotz der bis 2015 angekündig­ten Privatisie­rung aller staatliche­n Medien hat der Staat seine Beteiligun­g und seinen Einfluss auf die wichtigste­n von ihnen wie die Tageszeitu­ngen »Politika« oder »Novosti« nicht aufgegeben. Auch die 2015 angekündig­te Einstellun­g der staatliche­n Agentur Tanjug ist nie erfolgt. In

 ?? Foto: AFP/Andrej Isakovic ?? Serbien gibt es kaum noch unabhängig­e Medien.
Foto: AFP/Andrej Isakovic Serbien gibt es kaum noch unabhängig­e Medien.

Newspapers in German

Newspapers from Germany