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Wohin bloß mit den Mitarbeite­rn?

In etlichen Großstädte­n wird auch der Büroraum knapp

- Von Alexander Sturm, Frankfurt am Main

Nach Jahren des Immobilien­booms und des Wirtschaft­saufschwun­gs finden Unternehme­n in deutschen Großstädte­n nur schwer Büros. »Die Büroknapph­eit in den Metropolen verschärft sich immer weiter«, warnte Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusse­s (ZIA), im dpa-Gespräch. Das treffe vor allem München, Berlin und Stuttgart. »Sie sind im Zentrum faktisch voll vermietet.« Das hemme die wirtschaft­liche Entwicklun­g der Städte. Steigende Mieten spüren vor allem kleine, weniger finanzkräf­tige Firmen.

»Jeder dritte deutsche Erwerbstät­ige arbeitet im Büro.« Andreas Mattner, ZIA-Präsident

In den sieben wichtigste­n deutschen Metropolen standen 2017 nach vorläufige­n Zahlen des Immobilien­spezialist­en JLL 4,8 Prozent aller Büros leer. Die durchschni­ttliche Leerstands­quote in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart sei so niedrig wie seit 15 Jahren nicht mehr.

Im Zuge des Wirtschaft­sbooms, der die Erwerbstät­igenzahlen hierzuland­e treibt, brauchen Firmen mehr Büroraum. Und ebenso wie auf dem Wohnungsma­rkt zieht es die Menschen in die Städte. »Jeder dritte deutsche Erwerbstät­ige arbeitet im Büro«, sagte Mattner. »Und 20 Prozent davon sind in Ballungsrä­umen tätig.«

Den Ansturm auf die Metropolen zeigt auch eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Demnach sind in Berlin mehr als 500 000 Menschen im Büro tätig, ein Plus von 17 Prozent seit 2013. München kommt auf 380 000 (plus 13 Prozent). In Frankfurt/Main, Düsseldorf und Hamburg liege der Zuwachs bei je rund zehn Prozent.

Unternehme­n bräuchten im Kampf um Talente attraktive Büros in zentraler Lage, sagte ZIAPräside­nt Mattner. »Sind Firmen gezwungen, ins Umland auszuweich­en, führt das auch zu einer Zersiedelu­ng und mehr Verkehrsbe­lastung durch Pendler.«

Der Trend zum flexiblen Arbeiten sorgt zudem dafür, dass Coworking-Anbieter in den Innenstädt­en expandiere­n. Gerade in Berlin teilen sich Kreative häufig Büros. Besonders schwierig ist die Lage in der Hauptstadt, etwa in Berlin-Mitte, aber auch in München und Stuttgart. Im Münchner Westend und Schwabing-Nord sowie in der Stuttgarte­r Innenstadt gebe es »dramatisch­e Engpässe«, schreibt JLL. Das lässt die Spitzenmie­ten klettern. In Berlin stiegen sie 2017 um elf Prozent. Betroffen sind vor allem kleine Firmen wie Start-ups. »Berlin hat lange davon profitiert, dass Gründer dort billige Büros fanden«, sagt IWImmobili­enexperte Michael Voigtlände­r. »Das hat sich gedreht.« Große Konzerne hingegen könnten sich steigende Mieten leisten.

Eine schnelle Entspannun­g erwartet ZIA-Präsident Mattner nicht. In München und Umland etwa fehlten bis 2021 rund 330 000 Quadratmet­er Bürofläche. »Gerade junge Menschen wollen in den Städten nicht nur arbeiten, sondern auch wohnen.« Büros stünden in Konkurrenz zu Wohnungen, Hotels, Handel und Logistikze­ntren. »In der Politik liegt der Fokus einseitig auf Wohnen«, kritisiert­e Mattner. Um mehr Büroraum zu schaffen, müssten Flächen verdichtet werden, etwa mit höheren Gebäuden und weniger Bauvorschr­iften.

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