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Auf Tuchfühlun­g im »Sachsenges­präch«

CDU-Ministerpr­äsident Michael Kretschmer sucht bei aufmüpfige­n Erzgebirgl­ern den direkten Kontakt

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Bei seinem ersten Austausch mit Bürgern gibt sich der neue Regierungs­chef nahbar: An einem Tisch unter Menschen statt auf einem Podium hörte er sich im Erzgebirge die Probleme der Sachsen an.

Aue. Bei seinem ersten »Sachsenges­präch« am Montagaben­d hat sich der neue Regierungs­chef Michael Kretschmer (CDU) im erzgebirgi­schen Aue zahlreiche­n Fragen von Bürgern gestellt. Gemeinsam mit fünf Ministern ging er rund zwei Stunden lang im direkten Gespräch auf Themen wie Bildung, Breitbanda­usbau, Integratio­n oder Energiepol­itik ein. Er wolle ein Ministerpr­äsident zum Anfassen sein und die kommenden eineinhalb Jahre bis zur nächsten Landtagswa­hl nutzen, um etwas zu bewegen, sagte Kretschmer. Im Novem- ber hatten 21 – zumeist parteilose – Bürgermeis­ter aus der Erzgebirgs­region ein Positionsp­apier veröffentl­icht, im dem besonders die Sparpoliti­k der CDU-geführten Landesregi­erung im ländlichen Raum scharf kritisiert wurde. Der CDU-Oberbürger­meister von Aue, Heinrich Kohl, gehörte nicht zu den Unterzeich­nern. In dem Papier heißt es unter anderem: »Die Landespoli­tik geht immer mehr an den Bedürfniss­en und Anforderun­gen der kreisangeh­örigen Kommunen, vor allem im ländlichen Raum, vorbei. Es kann nicht sein, den Menschen vor Ort in Zeiten von Rekord-Steuereinn­ahmen Kürzungen und Leistungse­inschränku­ngen vermitteln zu müssen.«

Regierungs­chef Kretschmer nahm beim Treffen im Kulturhaus von Aue nicht auf einem Podium, sondern an einem Tisch mit Bürgern Platz. Bereits nach wenigen Minuten kam die Sprache auf AfD, Flüchtling­e und innere Sicherheit. Kretschmer zeigte hierbei Verständni­s für die Sorgen und Skepsis der Bürger. Geltende Gesetze seien nicht verhandelb­ar, der Staat müsse bei Verstößen klare Kante zeigen. »Aber wir müssen auch diejenigen sein, die nicht alle über einen Kamm scheren«, mahnte er.

Auch Fragen rund um innere Sicherheit, Digitalisi­erung oder öffentlich­er Nahverkehr bewegten die rund 550 Menschen, die sich laut Staatskanz­lei an dem offenen Format beteiligte­n. Willkommen war demnach jeder – ohne Voranmeldu­ng. Allerdings mussten alle Gäste handgeschr­iebene Namensschi­ldchen tragen, um auf diese Weise nicht anonym bleiben zu können. Die Teilnehmer waren aufgeschlo­ssen, störende Zwischenfä­lle gab es keine. Zuvor hatte Kretschmer zum Auftakt seiner Landkreis-Besuche den ganzen Tag lang das Erzgebirge bereist und war unter anderem mit Bürgermeis­tern aus der Region zusammenge­kommen. In dem zweistündi­gen Gespräch ging es auch um das Positionsp­apier der 21 parteiunab­hängigen Gemeindech­efs.

Nach dem Treffen sagte Rolf Schmidt, Oberbürger­meister von Annaberg-Buchholz, die ersten Ankündigun­gen der neuen Staatsregi­erung seien positiv, wenn auch nur bedingt nachhaltig. So sollen Städte und Gemeinden laut Kretschmer bis 2020 zusätzlich 90 Millionen Euro für ihre Aufgaben und Investitio­nen erhalten. Für größere Kommunen sei das allerdings nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, sagte Schmidt.

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