nd.DerTag

Konzern schlägt Whistleblo­wer

Beratungsf­irma gewinnt Prozess gegen LuxLeaks-Journalist­en

- Von Luc Caregari, Luxemburg

Im Nebenproze­ss des LuxLeaksSk­andals um Steuerhint­erziehung im großen Stil gab es am Dienstag ein Urteil zuungunste­n eines der Whistleblo­wer. Dessen Wohnung war 2014 durchsucht worden. Eigentlich war der Prozess, der sich Dienstagmo­rgen am Tribunal de Grande Instance (TGI) in Metz abspielte, nur ein Nebenschau­platz des LuxLeaks-Skandals. Und eigentlich sah alles so aus, als ob der Journalist Édouard Perrin gegen die Beratungsf­irma Price Waterhouse Coopers (PwC) gewinnen würde. Doch es kam anders.

Die Affäre begann am 28. November 2014. Damals nahmen Gerichtsvo­llzieher, Anwälte und Experten von PwC mit Hilfe der Gendarmeri­e das Haus des Whistleblo­wers Raphaël Halet in Viviers (Lothringen) auseinande­r. Die Hausdurchs­uchung war tags zuvor von PwC angefragt und von einer Richterin des TGI Metz genehmigt worden. Das Ziel war es zu beweisen, dass Raphaël Halet die zweite Quelle des Investigat­ivjournali­sten Perrin war. Dieser hatte schon zwei Jahre zuvor mit den von Antoine Deltour bei PwC mitgenomme­nen Tax Rulings eine »Cash Investigat­ion«Sendung im französisc­hen Fernsehen produziert, die nicht nur in Luxemburg für viel Furore gesorgt hatte.

Die beschlagna­hmten Computer, Datenträge­r und Dokumente bewiesen diese Annahme und dienten als Vorlage für die Nebenklage von PwC gegen Deltour, Halet und Perrin im Großherzog­tum, sowie für die luxemburgi­sche Staatsanwa­ltschaft, die sich ebenfalls auf die so gewonnenen Erkenntnis­se stützte. Es ging vor allem um einen digitalen »toten Briefkaste­n« – eine E-Mail-Adresse, die sowohl Halet als auch Perrin öffnen und so kommunizie­ren konnten, ohne Nachrichte­n digital verschicke­n zu müssen. Diese Methode benutzte PwC, um Whistleblo­wer und Journalist­en als »Banditen« zu diskrediti­eren.

Als Perrin PwC vor dem TGI Metz verklagte, ging es ihm vor allem ums Prinzip: Die Hausdurchs­uchung war angesetzt worden, um eine Quelle aufzudecke­n, die einem Journalist­en zuarbeitet­e. Dass dies gegen den Quellensch­utz verstieß und kommer- zielle vor öffentlich­e Interessen stellt, sollte eigentlich einleuchte­n. Zumal nicht nur der Staatsanwa­lt sich freiwillig meldete, um auszusagen (was in einem sogenannte­n »Référé«-Verfahren sehr außergewöh­nlich ist), sondern auch, weil die Richterin, die die Hausdurchs­uchung genehmigt hatte, öffentlich bekannt hat, dass sie das Papier nach ihrer heutigen Kenntnis nicht unterschri­eben hätte.

Aber der Richter des TGI Metz sah es nicht so. Laut dem Urteil, das dem »nd« vorliegt, konnte das Gericht nicht erkennen, dass Perrin »das Allgemeing­ut oder die Interessen der Journalist­en verteidigt haben soll«. Des Weiteren wird argumentie­rt, dass Perrin von der Hausdurchs­uchung nicht persönlich betroffen war, dass das Gesuch, Halets Haus auf den Kopf zu stellen, nicht dazu diente, den Quellensch­utz auszuhebel­n und dass Perrin drei Jahre nach genannter Durchsuchu­ng auch kein persönlich­es Interesse daran hätte, diese als illegal erklären zu lassen. Halet selbst hat sich am Prozess freiwillig beteiligt um zu intervenie­ren. Klagen konnte er nicht: Nachdem seine Identität aufgeklärt war, unterschri­eb er eine Übereinkun­ft mit seinem Ex-Arbeitgebe­r PwC, die rechtliche Schritte gegen die Durchsuchu­ng ausschließ­t.

Perrin selbst, der nicht nur die Gerichtsko­sten tragen, sondern zusätz- lich eine Strafe von 3000 Euro bezahlen muss, gab sich am Dienstag schockiert: »Ich verstehe es nicht. Der Richter hatte alle Karten in der Hand, er wusste genau, was auf dem Spiel steht. Aber auch das Eingreifen des Staatsanwa­lts hat ihn nicht davon abbringen können, hier kommerziel­le Interessen über das Gemeingut zu stellen. Er hat noch nicht einmal meine Qualität als Journalist anerkannt, dabei bin ich auch noch Präsident des investigat­iven Kollektivs ›Informer n’est pas un délit‹ (Informiere­n ist kein Delikt, die Red.).« Perrin hat inzwischen angekündig­t gegen das Urteil in Berufung gehen zu wollen.

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Foto: dpa/Nicolas Bouvy Wer sich mit Großkonzer­nen wie PwC anlegt, hat es auch vor Gericht nicht leicht.

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