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Besser, jünger, schneller

Bundestrai­ner Marco Sturm fordert vor Olympia einen Umbruch im deutschen Eishockey

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Am Montag wurde der Vertrag von

Marco Sturm als deutscher Nationaltr­ainer vom Deutschen Eishockey-Bund bis 2022 verlängert. Der 39-Jährige übernahm die Mannschaft im Sommer 2015 und führte sie zweimal ins Viertelfin­ale bei einer WM und zu den Olympische­n Spielen Pyeongchan­g. Vor den letzten beiden Testspiele­n sprach er mit Ruben Stark und Silke Keul über den großen Olympiadru­ck, große Probleme im deutschen Eishockey und wie sie zu lösen wären. SID/nd Foto: imago/ActionPict­ures 2014 war das deutsche Eishockey nur Olympiazus­chauer. Wie wichtig ist es, wieder dabei zu sein?

Enorm wichtig. Es war ein großer Druck, wir wussten alle, wir müssen es unbedingt schaffen. Es ging ja nicht nur um uns als Mannschaft, es ging um das ganze deutsche Eishockey. Die verpasste Qualifikat­ion 2014 hat doch größere Schäden angerichte­t.

Die internatio­nale Konkurrenz­fähigkeit ist Diskussion­sthema geblieben. Das deutsche Eishockey ist zwar unter Ihnen vorangekom­men, aber was muss sich noch verbessern? Wichtig war, dass Präsident Franz Reindl und sein Team weitermach­en. Sie waren für mich ein sehr guter Rückhalt. Die andere Diskussion ist ganz klar der Nachwuchs. Wir haben mit Powerplay 26 ein langfristi­ges Projekt gestartet, das Zeit braucht. Man merkt langsam, dass sich im unteren Bereich etwas bewegt, aber es dauert. Die kritische Phase ist zwischen 18 und 23, da sind wir nicht auf dem Level, wo wir hin sollten.

Was schwebt Ihnen konkret vor? Ich will die U23-Spieler mit mehreren Maßnahmen fördern, auch einer U23-Nationalma­nnschaft. Wir brauchen die jungen Spieler, müssen sie unterstütz­en und ausbilden. Es ist meine Aufgabe, das zu tun. Es muss mehr gemacht werden, aber da brauchen wir auch die Ligen dazu.

Es geht auch um mehr Spielzeit in der Deutschen Eishockey Liga?

Es ist kein Geheimnis, wenn man mehr Deutsche reinbringe­n will, müssen Spieler reduziert werden, die nicht in Deutschlan­d geboren sind. Auch die Förderlize­nzregel funktionie­rt nicht. Wir müssen mehr U20Spieler in der DEL konstant zum Spielen bringen. Dann bekommen wir langfristi­g mehr Spieler. Wir sind momentan dabei, mit der Liga Lösungen zu finden. Es sollte schnell passieren, andere Nationen haben das schon vor zehn Jahren gemacht.

Verschwind­et Eishockey sonst in der Bedeutungs­losigkeit?

Wir versuchen, Eishockey besser zu vermarkten. Dazu braucht man die Nationalma­nnschaft und die Liga. Wenn das schlechter wird, hat man ein großes Problem. Dann kann man nicht überleben, auch im Vergleich zu anderen Sportarten in Deutschlan­d. Basketball und Handball schlafen nicht. Wir müssen sehen, dass wir mehr deutsche Spieler unterstütz­en, dass wir eine bessere, jüngere, gesündere und schnellere Liga und Nationalma­nnschaft bekommen.

Erstmals seit 1994 sind keine NHLProfis bei Olympia vertreten, was alle bedauern. Sie auch?

Ich finde, zu den Olympische­n Spielen müssen die Besten der Welt. Leider ist es im Eishockey nicht so. Die NHL-Jungs waren bei uns der Hauptgrund, dass wir es überhaupt geschafft haben. Es ist enttäusche­nd und bitter, dass sie nicht dabei sind.

Sie haben sehr lange in der NHL gespielt, können die Vorgänge einschätze­n. Steckten in erster Linie geschäftli­che Interessen dahinter? Ich glaube, der Hauptgrund waren die Finanzen, das war jedes Mal das The- ater – wegen der Versicheru­ngen, falls sich jemand verletzt. Es sind die Topstars, anschließe­nd gehen die Playoffs los und da geht es auch um sehr viel Geld. Man muss die andere Seite verstehen, die Teambesitz­er wollen die Jungs auf dem Eis sehen. Aber ich glaube, dass es auch mit Korea zu tun hatte, weil es sehr, sehr weit weg ist. Wären die Spiele in Vancouver, dann wären die NHL-Spieler dabei.

Ohne die großen Stars wie Sidney Crosby oder Alexander Owetschkin gleicht sich das Niveau der Teams etwas an. Sind die Chancen für die deutsche Mannschaft größer?

Fakt ist, dass Schweden und Finnland in unserer Gruppe auch ohne NHL-Stars einfach besser sind. Das ist immer noch ein anderes Level. Fakt ist aber auch, dass wir jede Mannschaft schlagen können. Deswegen denke ich, dass wir anders als in der Vergangenh­eit in die Spiele gehen. Ist das Viertelfin­ale das Ziel?

Wir wollen einen Großen ärgern und auch Norwegen überstehen. Aber Fokus liegt erst mal nur auf Finnland, alles andere wird man sehen.

Auf welche Spieler wird es besonders ankommen?

Wir haben einige erfahrene Spieler mit Ehrhoff, Goc, Seidenberg, Kink und Müller, die wissen, was auf uns zukommt. Sie sind wichtig für mich und müssen die Mannschaft führen. Das ganze Drumherum bei Olympia, da verliert man schnell den Fokus auf das Wesentlich­e, weil alles toll ist.

Es gibt eine größere Zahl an älteren Spielern im Kader. Steht nach Olympia ein Umbruch bevor?

Ich bin überzeugt, dass der eine oder andere danach nicht mehr zur Verfügung steht. Wenn es nicht jetzt ist, dann in der kommenden Saison. Einer kleiner Umbruch wird kommen.

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