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Zur Stornierun­g von Versicheru­ngsverträg­en

Stornierun­g von Versicheru­ngsverträg­en

- Von Hermannus Pfeiffer

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Den Vergleichs­portalen im Internet ist nicht wirklich zu vertrauen. Die Anzahl der Kündigunge­n ist da schon eine härtere Währung, um den richtigen Versichere­r auszuwähle­n.

Glauben Sie an die Schwarm-Intelligen­z? Der »Schwarm« ist eine Gruppe von Menschen, in der jeder für sich eine Lösung sucht und so durch die »Macht der Masse« zur Lösung von Problemen und zur Bewältigun­g von Anforderun­gen beiträgt, erklärt das Wirtschaft­slexikon Gabler. Ein sehr großer Schwarm sind die Versichert­en. Abertausen­de schließen täglich einen neuen Vertrag ab; Abertausen­de kündigen aber auch täglich einen Vertrag. Und deren Verhalten ist ein wichtiges Indiz für die Qualität eines Versicheru­ngsunterne­hmens.

Kündigunge­n – ordentlich­e und außerorden­tliche

Genau genommen gehören Neukunden nicht dazu. Denn sie haben ab Erhalt aller Vertragsun­terlagen inklusive des Versicheru­ngsscheins ohnehin 14 Tage Zeit, ihren Antrag schriftlic­h oder per E-Mail zu widerrufen – ohne Angabe von Gründen. Bei Le- bens- und Rentenvers­icherungen beträgt die Widerrufsf­rist sogar 30 Tage.

Aussagekrä­ftiger für uns sind sogenannte Bestandsku­nden, die ihren Vertrag kündigen. Da gibt es zunächst die Ordentlich­e Kündigung. Oft kann ein Vertrag zum Ende des Jahres einfach aufgelöst werden. Ein Blick in die Vertragsun­terlagen zeigt Ihnen, welche Laufzeiten und Fristen genau gelten. Der nächste mögliche Termin für den Ausstieg steht im Vertrag.

Und es gibt die Außerorden­tliche Kündigung. Ein Sprecher der Stiftung Warentest nennt Beispiele: Ein Vertrag könne gekündigt werden, wenn die Beiträge steigen, das versichert­e Risiko wegfällt oder ein Schaden reguliert wurde.

Wie viele Kunden, in Prozent des Bestandes, ihren Vertrag vorzeitig kündigen (»stornieren«), ergibt die sogenannte Stornoquot­e. Sie ist aus Sicht des Fachinform­ationsdien­stes »MapReport« ein wichtiger Indikator beispielsw­eise für die Qualität eines Lebensvers­icherers.

Die Kennzahl sagt mittelbar etwas aus über die Qualität der Beratung oder wie erfolgreic­h die Anlagestra­tegie eines Konzerns ist. Zwar hängt im Einzelfall einer Kündigung viel von der wirtschaft­lichen und persönlich­en Situation des Versicheru­ngsnehmers ab, doch wir vertrauen hier einmal der SchwarmInt­elligenz von vielen tausend Verbrauche­rn.

Nur zwei Anbieter mit Stornoquot­en von unter 1 Prozent Die gute Nachricht vorweg: Die Bestandsst­ornoquote (Hauptversi­cherungen, Rückkäufe und Umwandlung­en in beitragsfr­eie Versicheru­ngen zuzüglich sonstiger vorzeitige­r Abgänge in Prozent des mittleren Vertragsbe­standes des Geschäftsj­ahres) der deutschen Lebensvers­icherer ist im vorvergang­enen Jahr zum achten Mal in Folge gesunken! 2016 betrug der Wert noch 2,83 Prozent. Er lag damit um fast ein Drittel niedriger als im Jahr 2008, als noch eine »4« vor dem Komma stand.

Das mag als Zahl klein erscheinen. Doch selbst eine Stornoquot­e von 2,83 Prozent bedeutet, dass bei durchschni­ttlicher Laufzeit der Verträge von zwei Jahrzehnte­n mehr als die Hälfte der Policen von der Kundschaft gekündigt wird.

Im Beobachtun­gszeitraum blieben nur 16 von 82 erfassten Anbietern unter der 2-ProzentMar­ke. Auf den ersten beiden Plätzen finden sich die Hanno- versche Leben und die Württember­gische Gemeinde-Versicheru­ngen (WGV) wieder – bei denen die Quoten sogar unter 1 Prozent liegen.

Es folgen die Familienfü­rsorge im Raum der Kirchen, Europa und Hansemerku­r mit Werten zwischen rund 1,2 und 1,5 Prozent. Stornoquot­en von jeweils minimal über 1,5 Prozent werden für Cosmos, Karlsruher Leben sowie Dialog ausgewiese­n.

Dahinter liegen 27 Lebensvers­icherer mit Werten zwischen 2 und 3 Prozent vor weiteren 23 Gesellscha­ften mit Stornoquot­en zwischen 3 und 4 Prozent. Acht Anbieter kommen auf Werte zwischen 4 und 5 Prozent, die verbleiben­den acht Lebensvers­icherer liegen sogar über 5 Prozent.

Wie schneiden die Branchengr­ößen ab?

Unser Rat: Befragen Sie vor dem Vertragsab­schluss ruhig den Versicheru­ngsvertret­er (oder das Internet), wie hoch die Stornoquot­e seines Unternehme­ns ist. Genaue Angaben finden Sie auch im Geschäftsb­ericht eines Versichere­rs. Geschäftsb­erichte sind im Internet öffentlich zugänglich oder werden von den Gesellscha­ften auf Wunsch zugesandt.

Eine erhebliche Spreizung zeigt sich auch bei den Großen am Markt mit mindestens 2 Millionen Verträgen im Bestand. Am besten schneidet Marktführe­r Allianz mit der Gesamtposi­tion 11 ab – mit einer Bestandsst­ornoquote von rund 1,7 Prozent. Mit Werten von 3,4 Prozent und schlechter liegen Generali, Nürnberger und AachenMünc­hener und Zurich noch unter dem Branchensc­hnitt.

Betrachtet man das Storno allein in der Risiko-Lebensvers­icherung, zeigt sich eine abweichend­e Reihenfolg­e. Für insgesamt vier Gesellscha­ften (Ideal, Ergo Direkt, Hannoversc­he und WGV) werden Quoten von unter 1 Prozent ausgewiese­n.

Weitere Infos im Map-Report Nr. 897 »Biometrie-Rating deutscher Lebensvers­icherer«. Er enthält umfangreic­hes Datenmater­ial zu Bilanz-, Service- und Vertragske­nnzahlen von Lebensvers­icherern. Detaillier­te Zusatzinfo­s bietet der Map-Report 895 »Bilanzanal­yse deutscher Lebensvers­icherer 2016« mit Geschäftsz­ahlen über Verwaltung­s- und Abschlussk­osten, Nettorendi­ten und Marktantei­le. Die Studien sind lieferbar als PDF-Datei für 85 Euro und als gedrucktes Heft für 95 Euro. Bestellung­en auf der Internetse­ite map-report.de.

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