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Ein Fehler zu viel

Rodler Loch verliert Gold, Ludwig gewinnt Bronze

- Von Oliver Kern, Pyeongchan­g

Als Felix Loch etwas zu weit rechts aus Kurve neun schoss und seinen Schlitten an die Binde lenkte, ging ein Aufschrei durchs Olympic Sliding Centre von Pyeongchan­g. Der große Favorit, der Doppelolym­piasieger, der klar Führende vor dem letzten Lauf, machte einen großen Fehler. »Ich war in Schockstar­re, denn ich wusste, dass das zu viel Zeit kosten würde«, sagte Thomas Schwab, Vorsitzend­er des deutschen Bob- und Schlittenv­erbands (BSD) gegenüber »nd«. Das Ziel, das perfekte Ergebnis von Sotschi zu wiederhole­n, als die Rodler vier Mal Gold in vier Wettbewerb­en geholt hatten, ist schon nach dem ersten Wettbewerb dahin. Loch rutschte auf Rang fünf ab. »Aber wir haben eine Medaille. Und das freut mich ungemein für Johannes Ludwig«, so Schwab.

Der angesproch­ene Suhler war zunächst ebenfalls geschockt: »Ich hatte mich schon damit abgefunden, dass ich auf dem undankbare­n vierten Platz keine Medaille gewinne. Dass Felix einen solchen Fehler macht, damit hatten hier die allerwenig­sten gerechnet«, sagte Ludwig, der bei seiner ersten Olympiatei­lnahme gleich eine Medaille gewann. »Zwei Mal habe ich vergeblich versucht, mich für Olympia zu qualifizie­ren. Es gab Momente, da wollte ich aufhören. Doch dafür hatte ich noch zu viel Spaß am Rodeln, also machte ich weiter, und seitdem fahre ich besser und konstanter.«

Diese Konstanz brachte dem zweifachen Familienva­ter drei Tage vor seinem 32. Geburtstag nun olympische­s Edelmetall ein. Eine Konstanz, die Felix Loch in den vergangene­n zwei Jahren vermissen ließ. Schon vor den Spielen hatte der Bayer geunkt: »Nur wer hier vier Mal fehlerfrei runterfähr­t, kann eine Medaille holen.« Lange hatte es so ausgesehen, als könnte er es nach den Siegen 2010 in Vancouver und 2014 in Sotschi wieder schaffen, lag bis zur Kurve neun mit zwei Zehntelsek­unden vorn – Welten im Rodelsport. Sekunden später aber musste er von seinem Vater und Bundestrai­ner Norbert Loch sowie IOC-Präsident Thomas Bach getröstet werden.

»Wir haben diese Saison gemerkt: Felix macht Fehler, wenn man ihn unter Druck setzt«, sagte der Österreich­er Wolfgang Kindl. Er selbst hatte an diesem Wochenende zwar auch zu viele eingestreu­t, um in den Kampf um die Medaillen einzugreif­en. Nutznießer von Lochs Pech war aber Kindls Landsmann David Gleirscher, ein 21-Jähriger, der in vier Jahren Weltcup zuvor noch nie aufs Podium gefahren war. Nun darf er sich Olympiasie­ger nennen.

Für Loch kommt es noch dicker, denn der BSD nominiert für die Staffel, die klarer Favorit ist, immer die Besten der Einzelwett­bewerbe. Das wäre bei den Männern jetzt Ludwig. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir das ändern«, sagte Schwab. Ein einziger Fehler könnte Felix Loch also gleich zwei Goldmedail­len kosten.

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