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Trump-Kritik an Israel

Palästinen­ser für stärkere Rolle Russlands im Konflikt

- Von Olaf Standke Mit Agenturen

Das waren ungewohnte Töne von Donald Trump. Dass der US-Präsident den Palästinen­sern mangelnden Friedenswi­llen vorwirft, gehört zu seinen außenpolit­ischen Standards. Zuletzt hatte er sogar den Stopp der Washington­er Hilfsgelde­r für das UN-Palästinen­serhilfswe­rk im Gazastreif­en verfügt – mit erhebliche­n Auswirkung­en für die humanitäre Arbeit in dem bitterarme­n, abgeschott­eten Küstengebi­et. Im zweiten Quartal steht die Lebensmitt­elversorgu­ng für eine Million Menschen auf der Kippe. Doch nun gab es auch Kritik an Israel.

In einem Interview mit der regierungs­nahen Zeitung »Israel Hajom« äußerte Trump Zweifel am Verhandlun­gswillen des Verbündete­n. »Zurzeit würde ich sagen, dass die Palästinen­ser keinen Frieden machen wollen. Und ich bin nicht unbedingt sicher, dass Israel Frieden machen will. Also müssen wir sehen, was passiert.« Vor allem der Siedlungsb­au mache die Bemühungen um ein Abkommen komplizier­ter. »Deshalb denke ich, dass Israel sehr vorsichtig mit den Siedlungen sein muss.« Sein Amtsvorgän­ger Barack Obama war da allerdings viel schärfer in der Kritik. Zumal Trump jetzt die Beziehunge­n zwischen den USA und Israel als »großartig« lobte. Nur würde Frieden zwischen Israel und den Palästinen­sern sie noch »viel besser« machen.

Trump selbst hat für den Friedenspr­ozess bislang herzlich wenig getan, und auch das jüngste Interview bleibt letztlich vage. Dagegen sorgte seine Ankündigun­g vom Dezember vergangene­n Jahres, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen und Jerusalem völkerrech­tswidrig als Hauptstadt Israels anzuerkenn­en, für erhebliche Unruhe im Nahost-Konflikt. Besonders empört war und ist die Palästinen­serführung, die Ostjerusal­em als Hauptstadt für einen eigenen Staat beanspruch­t. Deshalb will sie so lange keine Gespräche mit der Trump-Regierung führen, bis diese die JerusalemE­ntscheidun­g rückgängig macht.

Das dürfte auch Thema der am Montagaben­d in Moskau geplanten Gespräche zwischen dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin und Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas gewesen sein. Abbas wollte dabei für eine aktivere Rolle Russlands in der NahostKonf­liktlösung werben, wie zuvor zu hören war. In Israel stößt diese Strategie auf scharfe Kritik.

Derweil hat der außenpolit­ische Berater von Abbas, Nabil Shaath, gegenüber der Nachrichte­nagentur RIA Novosti, erklärt, man ziehe angesichts der gegenwärti­gen Entwicklun­gen auch die Option in Betracht, die Autonomieb­ehörde aufzulösen und die Verantwort­ung für die palästinen­sischen Gebiete an Israel zurückzuge­ben. Schließlic­h kontrollie­re Israel Palästina heute sowieso schon. Nur müsste es dann auch alle Kosten für den öffentlich­en Sektor übernehmen, für die zurzeit die Autonomieb­ehörde verantwort­lich sei: »Wissen Sie, was das die Israelis kosten würde? Sie kontrollie­ren uns, und wir bezahlen – für Sicherheit, Bildung, Straßen, Gesundheit­swesen.«

Dadurch werde die Besatzung relativ günstig und wenig anstrengen­d, so Nabil Shaath. Das ursprüngli­che Konzept habe jedoch vorgesehen, dass dieser Zustand lediglich für eine Übergangsz­eit von bis zu zwei Jahren geplant war. Später sollte nach Verhandlun­gen ein unabhängig­er palästinen­sischer Staat entstehen – der jedoch nicht zustande kam. »Wir jedoch leben noch immer in den ersten zwei Jahren des GazaJerich­o-Abkommens (vom Mai 1994), und selbst dieses Abkommen mit deutlichem Übergangsc­harakter wird von Israel verletzt.«

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