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Israel und Iran im Clinch

Auch die Spannungen mit der von Teheran unterstütz­ten Hisbollah haben sich verschärft

- Von Oliver Eberhardt, Tel Aviv

Nach den israelisch­en Luftangrif­fen auf Ziele in Syrien hat Iran angekündig­t, seine Militärprä­senz dort auszubauen. Israels Regierung droht, das mit aller Macht zu verhindern. Hunderttau­sende waren am Sonntag auf den Azadi-Platz im Zentrum Teherans gekommen, um den 39. Jahrestag der islamische­n Revolution zu begehen, mehr als in den Jahren zuvor. Kurzfristi­g hatten die staatliche­n Unternehme­n Arbeiter beurlaubt, Busse bereit gestellt; in den Medien wurden zum Besuch der Kundgebung aufgerufen. Denn am Tag zuvor war eine Drohne in den israelisch­en Luftraum eingedrung­en, woraufhin Israels Luftwaffe militärisc­he Einrichtun­gen in Syrien bombardier­te, die man den iranischen Revolution­sgarden zurechnet. Die syrische Luftabwehr schoss zum ersten Mal seit den 1980er Jahren ein israelisch­es Kampfflugz­eug ab. Beide Seiten sehen sich nun als Sieger der Konfrontat­ion.

»Die USA und Israel wollen Irak und Syrien spalten; sie wollen die Spannungen verstärken«, sagte Irans Präsident Hassan Ruhani bei der Kundgebung ohne die Ereignisse direkt anzusprech­en: »Mit unserer Hilfe ist dieser Plan gescheiter­t.« Ajatollah Ali Khamenei lobte derweil die »technologi­schen Fortschrit­te unseres Militärs« – eine direkte Anspielung auf die Drohne, bei der es sich nach Angaben der israelisch­en Armee um eine technisch ausgereift­e Kopie eines US-amerikanis­chen Modells handelt, das 2011 über Iran abgeschoss­en worden war. Die Revolution­sgarden hatten vor zwei Jahren Bilder veröffentl­icht.

Israels Regierung lobt derweil die kurzen Reaktionsz­eiten und die Handlungsf­ähigkeit des eigenen Militärs: »Wir haben dem iranischen und dem syrischen Militär einen schweren Schlag zugefügt«, sagte Regierungs­chef Benjamin Netanjahu. »Wir werden weiterhin jeden verletzen, der versucht, uns zu verletzen.«

Gleichzeit­ig wurde bekannt, dass Israels Streitkräf­te allein im Vorjahr rund 1000 Mal auf oder über syrischem Gebiet im Einsatz waren. Bislang war man von gut 100 Luftangrif­fen auf Ziele des syrischen Militärs sowie der libanesisc­hen Hisbollah ausgegange­n, die in Syrien die Regierungs­truppen unterstütz­t. Es sei nun sehr offensicht­lich, dass die Re- volutionsg­arden das syrische Militär und die Hisbollah längst nicht mehr nur logistisch unterstütz­en, so Verteidigu­ngsministe­r Avigdor Liebermann am Montag. Iran sei dabei, eigene Militärbas­en »vor unserer Haustür« aufzubauen – eine Entwicklun­g, die in der israelisch­en Öffentlich­keit mit einiger Sorge beobachtet wird. Denn gleichzeit­ig haben sich auch die Spannungen zwischen Israel und der von Teheran unterstütz­ten Hisbollah in Libanon verschärft.

Israel will die Grenze mit Mauern und Zäunen abriegeln, bislang ist sie nur sehr schwer zu sichern. Immer wieder werden auch Drogen und Waffen aus Libanon nach Israel geschmugge­lt. Die Hisbollah droht mit Angriffen, falls der Plan umgesetzt wird. Grund dafür ist ein Streit über den Grenzverla­uf. Zwar hatten die Vereinten Nationen nach dem Abzug des israelisch­en Militärs aus Südlibanon im Jahr 2000 den Grenzverla­uf festgesetz­t, doch erkennt die Hisbollah diese Entscheidu­ng nicht an. Die geplanten Sperranlag­en würden aus ihrer Sicht auf libanesisc­hem Gebiet verlaufen.

Bislang war man in Israel davon ausgegange­n, dass die Hisbollah dennoch kein Interesse an einer militä- rischen Konfrontat­ion habe und eine Eskalation ausbleiben werde. Nach den Ereignisse­n am Wochenende ist nun Verunsiche­rung eingekehrt: Mit dem Drohnenein­satz habe Iran »ganz deutlich« seine Präsenz vor Ort gezeigt, so Bildungsmi­nister Naftali Bennett, Vorsitzend­er der rechten Partei »Jüdisches Heim«. Es sei offensicht­lich, »dass die bisherigen Annahmen nicht mehr gelten«. Die mögliche Front umfasse nun nicht mehr allein den Südlibanon, sondern auch die großteils von Israel besetzten Golanhöhen, wo sich Hisbollah und Revolution­sgarden mit jedem militärisc­hen Erfolg der syrischen Streitkräf­te immer freier bewegen können. Zudem sei nun ausgereift­e Waffentech­nologie mit im Spiel.

Israelisch­e Kommentato­ren übten derweil heftige Kritik am Weißen Haus: Zwar verteidigt­e US-Präsident Donald Trump die israelisch­en Angriffe, ansonsten aber hält sich Washington derzeit völlig raus. Außenminis­ter Rex Tillerson, der derzeit in der Region unterwegs ist, verzichtet­e trotz der Situation auf einen Zwischenst­opp in Israel. »Das Signal ist: Bitte bekämpft Iran in Syrien, aber bittet uns nicht um Hilfe«, so ein Kommentato­r des Armeeradio­s.

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Foto: AFP/Jalaa Marey Die großteils israelisch besetzten Golanhöhen in Syrien spielen eine wichtige Rolle für die Konflikte der Region.

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